In diesen Tagen besuchte ich Familie M. aus Syrien. Sie sind Kurden und bitten in Deutschland um Asyl. Auf Anfang Dezember ist ihr Gerichtstermin in Stuttgart festgesetzt. Ein Anwalt aus Ulm begleitet Herrn M. Drei Jahre wartet die Familie auf eine Entscheidung. Herr M. ist sehr angespannt. Er holt seine Aktentasche, zieht Presseartikel und Berichte aus dem Stapel. Sein ältester Sohn übersetzt die Papiere. Er ist bei Arztterminen und auf Behörden dabei. Der Junge muss viel in seinem Alter stemmen, immer Lösungen finden. Neulich ist er mit seinem Vater in ein Internetcafe gegangen, um Herrn M.s kurdische Texte über Google ins Deutsche zu übersetzen. Das Ergebnis ist ein Schlagwortgemetzel.
Herr M. möchte seinen Bericht im Dezember vor Gericht vorlesen, erklären weshalb er nicht mehr in seine Heimat zurück kann. Er komme ins Gefängnis sagt seine schmale Frau. Ihr Lächeln ist verschwunden. Sie möchte in der Wohnung keine Traurigkeit aufkommen lassen. Sie holt ihre jüngsten Söhne und zeigt auf ihre Haare. Geschnitten. Schwarze Pilzköpfe. Sie hat Freude. Der Zweitjüngste zupft am Pony. Schräg geschnitten. Früher gab es Tränen. Ihr Mann packt seine Unterlagen zusammen. Heute gibt es für ihn wichtigeres.
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