Freitag, 23. September 2011

Das Ende eines Jahrzehnts...

von Tanja A. Wilken

Jedes Jahrzehnt hat seine Geburtsstunde. Eine die nicht zur Silvesternacht mit dem Zwölfuhrschlag, mit Küssen, guten Wünschen und Umarmungen beginnt. Diese „Geburtsstunden“ tauchen in Chroniken auf, in Geschichtsbüchern. Sie markieren Wendepunkte, die das Leben Tausender, manchmal das von Millionen betreffen und nachhaltig verändern. Sie prägen das soziale Gefüge und liefern den Hintergrund für politische Entscheidungen. Und sie stellen uns auf eine Probe, von der oft erst die nachfolgenden Generationen beurteilen können, ob und wie wir sie bestanden haben. Der Knall, der das letzte Jahrzehnt einläutete, erfolgte am 11.09.2001, als um 8:46 Uhr ein Passagierflugzeug in den nördlichen Turm des World Trade Centers raste.

Der Betäubung folgten die Wut und der Wunsch danach, den Verantwortlichen habhaft zu werden. Auf das naturgegebene Recht auf Selbstverteidigung folgte die Hysterie. Die Vernunft erlag den Emotionen. Nicht nur den USA wurde ein empfindlicher Schlag verpasst. Nachdem sich al-Qaida offiziell zu den Anschlägen bekannte, nachdem Osama bin Laden offen die Kriegserklärung aussprach, nachdem klar wurde, dass die Menschen, welche die Flugzeuge entführt und gesteuert hatten, jahrelang unentdeckt in Europa gelebt und hinter einer bürgerlich-westlichen Fassade ihre Befehle zum großen Schlag erwartet hatten, musste sich jeder Staat der demokratischen Welt darauf gefasst machen, der nächste im Fadenkreuz zu sein.

Diese Situation veränderte unsere Sicht auf die Welt und sie drängte Fragen auf, die wir uns vorher tunlichst nicht gestellt hatten: Darf man vollbesetzte Passagierflugzeuge abschießen? Sind das Sammeln und unbefristete Speichern von Kontodaten, Internetsuchverläufen, Handyortungen eine Sache der nationalen Sicherheit? Ist Folter zulässig? Wenn ja, in welchem Maße, bevor es unangenehm für den Folternden wird? Soll die Bundeswehr im Innern eingesetzt werden dürfen? Darf man auf bloßen Verdacht „potenzielle Terroristen“ in Verwahrung nehmen? Ohne Anklage? Ohne Rechtsbeistand? Darf man als demokratische Gesellschaft Menschen bewusst Allgemeine Bürgerrechte absprechen, ja, allgemein anerkannte Menschenrechte? Die Veränderung, die sich vollzog, war auch sichtbar. An Szenen auf Flughäfen, in denen Menschen Plastiktüten mit abgefüllten Flüssigkeiten tragen. Am Anblick von Polizisten und Grenzschützern mit Maschinengewehren an öffentlichen Plätzen. An Nachrichtenbildern, die zeigen, wie die Büste Saddam Husseins enthauptet wird. An Aufnahmen von Soldaten, die triumphierend grinsend über am Boden kniende nackte Häftlinge stehen. An Bildern, die Kolonnen von mit Kapuzen verhüllten Häftlingen hinter Stacheldraht zeigen.

Osama bin Laden wollte den Krieg gegen den Westen. Gegen eine ihm verhasste Kultur. Knapp 3000 Menschenleben endeten am 11.09.2001. Man kann davon ausgehen, dass er mit einem Gegenschlag rechnete. Wer eine Supermacht herausfordert, zumal eine so stolze, kann bestimmte Schritte kalkulieren. Wäre es abwegig zu denken, dass bin Laden plante, uns auf sehr dünnes Eis zu führen, um seinen Verbündeten zu zeigen, wie es um unsere Werte und Ideale, um unser Freiheitsverständnis tatsächlich bestellt ist? Vielleicht war es nur Zufall. Aber vieles was in der Folge geschah, war nicht weniger als die Selbst-Demontage der Demokratie. Anstatt die Daumenschrauben kontinuierlich anzuziehen – indem die Nato-Staaten beispielsweise die Unterstützung bei der Jagd auf die Verantwortlichen einfordern, Sanktionen einleiten und erst als letztes Mittel das militärische Eingreifen in Betracht ziehen – folgte der war on terror, verpackt in kernigen Botschaften und Machtposen. Die moralische Keule traf jeden, der auch nur die leisesten Zweifel an den Mitteln des Feldzugs äußerte. Der eingeläutete Gegenschlag gegen den Terrorismus bescherte uns unangenehme Wahrheiten über das eigene Selbstverständnis und auf welch unsicherem Boden unsere Werte stehen, von denen wir doch so gern verlangen würden, dass sie sich alle Kulturen zu Eigen machen. Wir deckten neue Dimensionen von Zynismus, Ignoranz und Rechtschaffenheit auf, die wir vielleicht lieber nie wahrgenommen hätten. Amerikanische und europäische Rechtsgelehrte diskutierten ernsthaft über den staatlich legitimierten Einsatz von Folter. Das amerikanische Justizministerium gestattete die Verwahrung und „Befragung“ von Menschen auf einem eigens eingerichteten rechtsfreien Raum. Die CIA und anhängende Organisationen entführten Menschen, um sie in Länder zu senden, die es mit den Menschenrechten nicht so genau nehmen. Die Häftlinge von Guantánamo Bay wurden zu „ungesetzlichen Kombattanten“ erklärt, um ihnen so die Rechte zu entziehen, die jedem Kriegsgefangenen laut den Genfer Konventionen zustehen. Eine Regel nach der anderen wurde gebrochen. Ein Gesetz nach dem anderen gebeugt. Aber wäre es nicht naiv anzunehmen, dass man sich im Krieg tatsächlich immer an Regeln halte? Nun, sicher ist es das. Allerdings verhält es sich nun einmal auch so, dass die Kriege, welche im Rahmen des globalen Schlags gegen die Terroristen eingeläutet wurden, auf völkerrechtlich tönernen Füßen stehen. Saddam Hussein ist tot. Nur war der Angriff auf den Irak nicht gerechtfertigt, die entscheidenden Beweise gefälscht. Und Afghanistan? Zwar konstatierte der UN-Sicherheitsrat kurz nach 9/11 das die „Gefährdung des Weltfriedens“ gegeben sei – den „bewaffneten Angriff eines Staates“, welcher allein als rechtlicher Auslöser für Akte der Selbstverteidigung gelten könnte, sah er allerdings nicht. Um Angriff sowie Bündnisfall zu rechtfertigen, müssten die USA die aktive Beteiligung der afghanischen Regierung an den Terrorakten beweisen. Diesen Beweis sind sie bis heute schuldig geblieben.

„Der Zweck heiligt die Mittel.“ Aber welche Ziele wurden erreicht?

4792 Soldaten der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten starben im Irak. 2700 Amerikaner und Koalitionstruppenangehöriger bis zum heutigen Tage in Afghanistan. Die meisten waren zwischen 20 und 22 Jahren alt. Irak ist ein Land ohne Diktator – und ohne tief greifende Struktur. Der Krieg in Afghanistan nimmt kein Ende. Gestärkt wurde der Iran in seinen antiamerikanischen / antiisraelischen Ressentiments. Im Mai 2011 saßen immer noch 171 Häftlinge in Guantánamo Bay ein. Der CIA soll im Zuge der Antiterror-Ermittlungen etwa 3000 Menschen entführt haben.

Dieses Jahrzehnt ist zu Ende. Heute können Touristen und Hinterbliebene das Mahnmal am Ground Zero besuchen. Die Lücke in der Skyline Manhattans wird mit neuen Bauwerken gefüllt. Die sichtbaren Trümmer sind weggeschafft. „Wir müssen die Werte unserer Demokratie erhalten. Dies sollte das Maß unserer Stärke sein“, sagte Barack Obama in seiner Ansprache zum 10. Jahrestag der Anschläge. Bleibt zu hoffen, dass das neue Jahrzehnt genutzt wird, um uns unserer Werte wieder zu erinnern und sie unter den Trümmern hervorzuholen.

Donnerstag, 8. September 2011

Historische Zeiten...


von Tanja A. Wilken


Sechs Monate sind vergangen zwischen dem „Tag des Zorns“, dem Aufruf der Regimegegner gegen Muammar al-Gaddafi, und der Einnahme der Herrscherresidenz in Tripolis. Die Menschen in Libyen feiern. Sie tanzen auf den Straßen. Maschinengewehrsalven erleuchten die Nächte, nicht als sichtbare Zeichen der Grabenkämpfe zwischen Getreuen und Aufständischen, sondern zur Illuminierung des Triumphs. Auf Plakaten und Jeeps prangt die Botschaft „Thanx NATO“. Die westlichen Kräfte, allen voran Frankreich, mauserten sich vom zögerlichen Zaungast zu Unterstützern einer historischen Bewegung: Der Ausbruch der lauten Empörung in den Ländern Nordafrikas. Tunesien und Ägypten entledigten sich bereits ihrer Diktatoren, al-Gaddafi ist noch auf der Flucht. Aber „frei“ ist er nicht mehr. Die Reihen seiner Freunde lichteten sich, nachdem sich sogar die Arabische Liga im Februar dazu entschloss, ihn zur „persona non grata“ zu erklären; zu einem Zeitpunkt, an dem sich die EU noch mit einer härteren Gangart schwer tat.

Mit der Erstürmung von Tripolis ist der Spuk noch nicht vorbei. Und die, die bereits jetzt hämisch schmunzelnd verlautbaren lassen, dass mit dem vorläufigen Ende des Bürgerkriegs nichts gewonnen ist, haben recht: Man errichtet nicht über Nacht blühende Demokratien. Bei aller Sorge und Nachdenklichkeit, bei aller Vorsicht und Skepsis, sollten wir es uns nicht entgehen lassen, an diesem Prozess teilzuhaben. Das libysche Volk, sofern das von diesem selbst gewünscht wird, zu unterstützen, ist für unsere eigene Positionierung und Sicherheit ein ebenso wichtiger Schritt, wie die Verabschiedung der Resolution 1973. Was nun folgen muss, die politische und wirtschaftliche Stabilisierung Libyens, ist ein langer Weg. Und einer, den es sich zu gehen lohnt. Besonders Deutschland sollte ein besonderes Interesse daran haben, das durch seine unterlassene Hilfeleistung verlorene Vertrauen bei seinen Bündnispartnern wiederzugewinnen.

Die Freigabe der Gaddafi-Milliarden, geerntet durch die jahrzehntelange Ausbeutung des Landes sowie die Anerkennung der Übergangsregierung als offiziellen Ansprechpartner sind erste Schritte. Das Volk selbst befindet sich bereits in der Phase des Wiederaufbaus. Die Bereitstellung von Hilfsgütern und Nahrungsmitteln ist dafür wichtig. Für die lokalen Komitees im ganzen Land bräuchte es Unterstützung bei der Installation von Gerichten. Weitreichender und von der deutschen Kanzlerin bereits zugesagt, ist die Ausbildung von Polizisten. Immerhin laufen derzeit Dreizehnjährige mit Waffen durch die Straßen Bengasis und Tripolis‘. Freiheit erkämpfen ist eine Sache, ein Volk auf dem Weg zur Selbstbestimmung derart zu unterstützen, dass aus der Niederschlagung der einen Diktatur keine neue entsteht, eine andere. Dabei sollte Europa nicht seine jahrhundertealten Fehler wiederholen. Wir haben die Kolonialzeit hinter uns und dies ist auch kein Einführungskurs „Demokratie für Dummies“. Entscheidend ist, was will das Volk Libyens? Will es Hilfe? Wenn ja, und die Zeichen stehen gut, dann ist Hilfe selbstverständlich an westliche Interessen gekoppelt. Aber diese, unsere Interessen müssen eine Partnerschaft anstreben, keine fortgesetzte Ausbeutung. Und ja, Europa wird Bequemlichkeiten einbüßen auf lange Sicht; wirtschaftliche, wenn ein arabischer Staat die gleichen Anteile vom Kuchen verlangt und politische, wenn wir Nordafrika nicht mehr als Abfangbecken für ungeliebte Flüchtlinge ins Spiel bringen können.

Wir müssen Libyen helfen, weil ein Land im Umbruch angreifbar ist (was immer auch eine potentielle Gefahr für uns bedeutet). Seine Nachbarn betrachten die Entwicklung nicht nur wohlwollend. Und sowohl im Land selbst wie auch in den angrenzenden Staaten finden sich weiter Gaddafi-Treue. Ein Staat im Wandel ist beeinflussbar. Nicht nur der Westen fragt sich, wie groß der Einfluss von al-Qaida-Sympathisanten innerhalb des Übergangsrats ist, und Länder wie Algerien, welche der Herrscherfamilie Asyl gewährten, lehnen die westliche Einmischung, militärisch wie politisch, konsequent ab. Trotzdem hat die internationale Gemeinschaft gute Chancen, nicht nur weil Algerien relativ isoliert da steht, sondern weil durch die Gewährung der militärischen Unterstützung ein neuer Grundstein gelegt wurde. Entgegen den Unkenrufen mancher arabischer Länder - wie Algerien und Saudi-Arabien - sind die Libyer selbst dankbar für die NATO- Hilfe. Dies ist eine Chance, nach dem „christlichen Feldzug“ gegen die radikalislamische Bedrohung, nach den Verschleppungen und der Folter, nach der Rechtsbeugung und dem westlichen Verrat der eigenen Werte und der Selbstbeschädigung der Demokratie, eine Saat für Partnerschaften ohne Argwohn auszulegen. Wir, die wir doch immer so großen Wert auf „Stabilität“ in den afrikanischen Ländern legen, fragen wir uns, was ist besser für die Sicherheit des Westens, was wirkt dem immer wieder beschrienen Untergang des Abendlandes wirksam entgegen: Misstrauen und Paranoia oder ein freier, selbstständiger Verbündeter? Müssen wir uns die Frage tatsächlich stellen, warum wir, warum Europa und die USA, ein gesondertes Interesse an den Entwicklungen im arabischen Raum haben?

Um den Wandel zu festigen, braucht das Land die Zusammenarbeit mit Europa. Wir sollten dies nutzen, nicht ausnutzen, um eine Balance herzustellen. Wir haben wirtschaftliche Interessen (Öl und Gas, Solaranlagen), Libyen hat Potenzial in Form junger, williger Menschen, die lernen und leben wollen, die ihr Land aufbauen wollen. Wir können Unterstützung bieten bei der Ausbildung, beim Studium, bei der Gesetzes- und Parlamentsbildung, bei der Errichtung staatlicher Institutionen und dem Bankenwesen. Mit der politischen Stabilität verbessert sich der Boden für wirtschaftliche Zusammenarbeit, für Investitionen. Vom Austausch profitiert jeder Staat mehr als von der Einigelung und Abschottung. Die Jungen Libyens sind derzeit mehr am Schritt in die Zukunft als an dem in die Vergangenheit in Form religiöser Indoktrination interessiert. Nicht zufällig hat sich al-Qaida bisher offiziell sehr zurückhaltend gegenüber dem „Arabischen Frühling“ geäußert, sind doch die Forderungen der Rebellen und Demonstranten von denen der Gotteskrieger zu verschieden. Dies gilt es zu nutzen, mit ausgestreckter Hand, nicht mit zuknallenden Türen. Also, vielleicht sollte Europa, besonders auch Deutschland, über Stipendien und Visa für Lernwillige nachdenken. Wirtschaftlich und politisch profitieren wir auf lange Sicht davon.

Wir sollten nicht davon ausgehen, dass die Geschichte in Nordafrika schneller voranschreitet als in Europa. Der lange Atem ist häufig das, was uns fehlt. Wir Europäer müssen es ja wissen, denn auch die Französische Revolution, unser historischer Aufstand, führte nicht nahtlos in blutfreie, liberale Staatengebilde: die europäischen Länder brauchten ein ganzes Jahrhundert, um vom Staatsstreich über gewalttätige Unterdrückung zur Demokratie zu gelangen. Daran sollten wir uns erinnern bei der Frage, ob wir unbeteiligte Beobachter bleiben wollen.

Mittwoch, 24. August 2011

Feind im Innern...

von Tanja A. Wilken

Seit dem 22. Juli heißt es Umdenken. An diesem Tag erreichte der Terror Norwegen: zuerst detonierte im Osloer Regierungsviertel eine Bombe. Während verletzte Menschen noch durch die vom Trümmerstaub vernebelten Straßen liefen und Polizei und Feuerwehr mit Hundertschaften vor Ort – und abgelenkt – waren, begann auf der Insel Utøya ein Blutbad. Anders Behring Breivik, 32 Jahre jung, bewaffnet mit einem Halbautomatikgewehr, welches er mit Teilmantelgeschossen geladen hatte, machte Jagd auf die jugendlichen Teilnehmer eines sozialdemokratischen Zeltlagers.

Während die ersten Schlagzeilen über den Bildschirm liefen und bevor der Täter identifiziert war, hatten sowohl die ersten Terrorismusexperten wie auch die ersten Blogger und selbsternannten Verteidiger Europas auf den einschlägigen Sites die Quelle des Angriffs ausgemacht. Und auch viele von uns Toleranzbefürwortern dachten, dass der Terror von radikalislamischer Seite auf die Norweger einschlug. Beschämend? Nachvollziehbar? Durch die Terrorakte in Norwegen wurde einmal mehr unser Reflex deutlich, die Feinde unserer Gesellschaft zuerst im muslimischen Lager zu suchen. Wir alle waren wohl überrascht und zugegeben, vielleicht sogar ein wenig erleichtert, als klar wurde, dass der Täter Norweger ist. Ein Mann aus dem Westen. Und dennoch keiner „von uns“. Breivik, das zeigte er eindeutig durch seine Tat, sieht sich nicht als Europäer, nicht als Freund einer offenen Gesellschaft, vermutlich nicht einmal als Demokrat.

Ist Breivik die Personifikation des „neuen Feindes“ im Innern? Ist er die logische Konsequenz, die Weiterführung der Hasstiraden und der Aufwiegelung von rechtspopulistischen Parteien wie auch den anonymen Internetforen, die sich über die „Unterwanderung Europas durch den Muselmann“ auslassen und sich zusammen in ihrem ideologischen Sumpf suhlen? Ist er der, der nur den nächsten Schritt wagte, vom Wort zur Tat?
Breivik war ein Einzelgänger. Er hatte keine Familie, zu der er großen Kontakt pflegte. Zuletzt lebte er allein auf einem Bauernhof. Einige Jahre war er Mitglied der norwegischen Freiheitspartei, die Partei, die mit Stimmungsmache auf ansehnliche 23 Prozent kommt und ein großer Konkurrent der herrschenden Sozialdemokraten ist. Mit Breiviks kurzer Mitgliedschaft macht man derzeit natürlich keine Werbung, mit seinem Wahn will man sich nicht identifizieren lassen. „Von uns hat er das nicht!“ Tatsächlich schien Breivik die Politik nicht radikal genug zu sein.

Im worldwideweb inszenierte er sich als passionierter Jäger und als Kreuz- und Tempelritter. Er gab an, Mitglied einer skandinavischen Freimaurer-Loge zu sein. Breivik war allem Anschein nach ein junger Mensch auf der Suche nach Zugehörigkeit. Einer von vielen, die ihren Platz nicht finden können. Das ist nichts Ungewöhnliches. Vielen von uns geht es nicht anders. Aber Breivik war kein Fünfzehnjähriger in den Wirren der Pubertät. Seine Identitätssuche führte ihn zuerst zu Gruppierungen mit Weltverschwörungstheorien als Grundlage und weiter, als dies nicht mehr reichte, zur verstärkten Radikalisierung durch rechte Internetforen, in denen er sich mit amerikanischen und europäischen Bloggern austauschte. Er orientierte sich an jener namens- und gesichtslosen Internetgemeinde, die vorgeben, die „Stimme der Mehrheit“ zu sein, und sich gegen die islamische Invasion und gegen die weichen, liberalen Mainstreammedien zur Wehr zu setzen. Diese „Mehrheit“ sucht nicht die öffentliche Diskussion, sie pflegt keine Konfrontation in offenen Debatten. Auch Breivik blieb, bis zum großen Auftritt, anonym.

Wer ist nun schuld? Das Internet und seine Hassprediger, der pöbelnde Mob, der sich seine Fakten zurechtbiegt, bis sie zur hauseigenen, islamophoben Idee passen? Oder womöglich die Religion? Die norwegische Polizei bezeichnet Breivik als „christlichen Fundamentalisten“. Manche werden sich verwundert die Augen reiben: „Gibt es so was denn?“ Ist auf beiden Seiten der Glaube die Wurzel allen Übels? Auch hier haben wir Parallelen, wenn man sie denn suchen möchte, zum Radikalislamismus: Inquisition auf der einen, Dschihad auf der anderen Seite. Hier Hexenverbrennungen, dort Selbstmordattentäter. Hier Oslo, dort der 11. September 2001. Hier wie dort ist Religion ein Spalter und wird als letzter verbliebener Schutzwall einer gemeinschaftlichen, kulturellen Identität benutzt (oder missbraucht). Der Mensch ist nur ein kleines Wesen in einer ungeheuren Welt, deren Zusammenhänge er nie ganz verstehen wird. Die Folge ist Angst. Und Religion, Glaube, ist ein Anker. Er vereint. Und separiert. Aber bevor man von der christlichen Gemeinde in Oslo eine öffentliche Stellungnahme und Distanzierung vom „Fundamentalisten“ Breivik verlangt, sollte man sich vor Augen halten, dass es Menschen sind, die Glauben interpretieren und praktizieren. So wie nicht jeder Moslem radikal ist, so ist auch nicht jeder Katholik automatisch der Meinung, die heilige römische Inquisition wieder ins Leben rufen zu müssen, um Ordnung zu schaffen.
Das Böse, es ist der Mensch. Das Individuum.

Als weiterer Faktor kommen noch die politischen Parteien in Frage. Die Aufwiegler ebenso wie die Beschwichter, die offensichtliche Probleme nicht beim Namen nennen, keine konstruktiven Debatten einleiten können, ohne sich gegenseitig mit den Prädikaten „Nazi“ und „Islamhasser“ zu belegen. Was im politischen Umgangston Gang und Gäbe ist, ist auch in unserer Gesellschaft unübersehbar. Beschimpfungen statt Argumentation. Über den Kamm scheren, statt Differenzierung. Den populistischen Parteien geht es weniger um den proklamierten „Schutz“ Europas oder des Heimatlandes als darum, auf den fahrenden Zug aufzuspringen. Es geht nicht um Zukunft und Gestaltung, sondern um die Wählerstimmen des kleinen, verängstigten Mannes.

Derzeit geht die Suche nach den oder dem Schuldigen noch weiter. Wie lange wird es dauern, bis der Reflex wieder einsetzt? Bis ein paradoxer Umkehrschluss nahelegt, dass es im Grunde doch die Muslime sind, die schuld sind? Nicht, weil sie geschossen haben. Nicht, weil der Mörder aus ihrer Mitte kommt. Sondern, weil sie da sind. Weil es sie gibt. Weil ihre Anwesenheit Menschen wie Breivik stört. Weil sie, als Sündenböcke und Minderheit, von anderen Menschen verteidigt werden. Weil sie immer im Fokus stehen. Sei es bei Integrationsdebatten, Sozialleistungsschwindel, Kriminalität oder sonst wo. Wird Norwegen den Weg der Niederlande gehen, welches sich nach dem Mord am Regisseur Theo van Gogh im Jahre 2004 vom Vorzeigeland der kulturellen Vielfalt und Toleranz zu einer Gesellschaft der Angst und des Misstrauens wandelte? Anders Behring Breivik würde das gefallen. Es wäre ein wichtiger Sieg in Richtung der schrittweisen Auflösung der offenen Gesellschaft, die Menschen wie ihm ein Dorn im Auge sind.

Es ist bezeichnend, dass er sich als Opfer keine muslimische Gemeinde versammelt zum Freitagsgebet aussuchte. Er attackierte den „Mainstream“. Die verweichlichten Demokraten, die, anstatt ihr Land vor „denen“ zu schützen, „diese“ auch noch ungeniert auffordern, zu kommen. So wie wir Breivik als unseren Feind im Innern identifizieren, so sah er auch uns. Für ihn sind die Liberalen, die Toleranten, die Kritiker, die Offenen die Feinde im Innern. Unverständlich? Nicht doch! Auch al-Qaida tötete bisher weit mehr eigene Glaubensbrüder als ungläubige Westler. Es ist eine logische Konsequenz: die Andersdenkenden, die Fremden kann man vertreiben. Die „eigenen“ Leute, die sich im Innern gegen die Ideologie stellen – und womöglich weiter mit dem „Feind“ paktieren – gilt es zu identifizieren. Und ruhig zu stellen. Breivik folgt der Tradition historisch bekannter Diffamierungs- und Denunzierungsmaschinerien (Jakobinerdiktatur in Frankreich des 18. Jahrhunderts, Deutschland in den 1930ern und 40ern, Lenins und Stalins Sowjetunion und noch einige mehr). Sein Hass richtet sich gegen die eigenen Leute, die in seiner Vorstellung Verräter am eigenen Land sind.

Wer ist schuld? Die „Nationalen“? Die „Sozialdemokraten“? Der lasche oder der harsche Umgangston? Die Muslime? Die Religion?
Die Verantwortung am Tod der Menschen vom 22. Juli 2011 trägt der Attentäter. Es ist seine verblendete Weltsicht, die das eigene Erleben und Denken absolut setzt und keine andere als die eigene zu dulden bereit ist. Anders Behring Breivik wählte die Abschottung. Er blieb in der Welt, die er kannte und in der er sich verstanden fühlte, allen Gegenargumenten zum Trotz. „Europa wird nicht nur vom Islam, sondern auch vom Gutmenschentum unterwandert“, das ist seine Überzeugung. Dass es in Norwegen gerade einmal einen muslimischen Bevölkerungsanteil von drei Prozent gibt, dass z.B. auch die Geburtenzahlen von Türken seit Jahren rückläufig sind und es insgesamt eine höhere Ab- denn Zuwanderung gibt, so dass eine geplante „Invasion Europas“ unwahrscheinlich ist, dass von einem linken Mainstream angesichts des gesamteuropäischen Aufstiegs von populistischen Parteien und auflagenstarken „konservativen“ Medien kaum die Rede sein kann, dass sich die europäischen Regierungen mehr Gedanken um Währung und Rüstung, denn um Bildung und Hilfsmaßnahmen für die Flüchtenden und Hungernden machen, stört die Argumentationslinie der Breiviks unsrer Tage nicht.

Aber uns sollte es stören! Nicht nur weil wir jetzt ganz offiziell ins Fadenkreuz gerückt und zu Feinden erklärt wurden. Wollen wir den Populisten und Radaubrüdern das Feld überlassen? Uns von Menschen, die ihren Platz nicht gefunden haben und sich an den (selbst gewählten) Rand gedrängt fühlen, diktieren lassen, wie wir leben wollen und wem unser Mitgefühl gilt? Sollen jene uns unsere Fragen nach Zugehörigkeit beantworten, die glauben, in Pamphleten, Internetforen und Medien den Stein der Weisen gefunden zu haben? Soll Stereotypie über offene Augen und Ohren siegen? Sollen wir den Feinden der Demokratie und der offenen Gesellschaft – die nicht nur eine Gesellschaft „der offenen Arme“ ist, sondern eine Gesellschaft der Kritik und Gegenkritik, der unterschiedlichsten Lebens- und Glaubensauffassungen unter dem Dach gleichermaßen anerkannter Rechten und Pflichten – das Feld überlassen? 

Wie viel „Erfolg“ Breivik mit diesem brutalen Übergriff auf unsere Gesellschaft haben wird – die Beantwortung dieser Frage liegt allein bei uns.

Montag, 8. August 2011

Katastrophe mit Ankündigung...

Wieder einmal ist es soweit: in Ostafrika ist eine große Hungersnot in vollem Gange. Hunderttausende Somalier fliehen über die Grenze nach Kenia. Aber auch in Äthiopien und Kenia selbst blieb der Regen aus und die anhaltende Dürre vernichtete die Ernte und ließ das Vieh verdursten. Das UN- Welternährungsprogramm WFP sowie die unzähligen anderen internationalen Hilfsorganisationen bitten die internationale Gemeinschaft um finanziellen Beistand in Milliardenhöhe. Das größte Flüchtlingslager der Welt, Dadaab, einst angelegt für 90.000 Menschen, platzt aus allen Nähten. Hilfslieferungen werden behindert, Mitglieder von Organisationen bedroht. Kamerateams filmen große Flieger, LKWs, Camps und fruchtlose Steppe. Die bekannten Bilder von schiefen Hütten, von leeren Töpfen, von Kindern auf dünnen Beinchen mit aufgeblähten Bäuchen flimmern allabendlich über den Fernsehbildschirm. Die Welt ist wieder dabei beim „Elend Afrika“.

Vergessen sollte man aber nicht, dass diese Hungersnot nicht übles Schicksal ist oder ein drohender Fingerzeig Gottes. Naturkatastrophen sind schrecklich, ohne Frage. Aber gerade die Dürre in Afrika ist kein aus dem Nichts hereingebrochenes Unglück. Diese Katastrophe hatte eine lange Vorwarnzeit. Sie kam mit Ankündigung. Und darauf kann man sich vorbereiten. Man muss also sagen, dass die Hilfe verschleppt wurde. Und zwar nicht nur die Soforthilfe. Die Politik wartete lieber ab, als die ersten Warnungen ausgegeben wurden. Der Beitrag der großen Staaten kam erst – und auch dann eher zögerlich -, als die Maschinerie des Mitleids in Form von Spendenaufrufen anlief und der Otto Normalbürger tief in seine Taschen griff.
Die Weltgemeinschaft wird zunehmend knausriger, was wohl auch wie der Soziologe Jean Ziegler bereits betonte, daran liegen mag, dass man in den letzten Jahren die heimischen Bankhäuser und die lokale Wirtschaft wieder auf die Beine bringen musste. Derzeit haben die Wohlbetuchten ihre eigenen Päckchen zu tragen: So müssen beispielsweise die Amerikaner erkennen, dass sie finanziell doch nicht mehr so gut da stehen und bekriegen sich im Kongress gerade gegenseitig und die EU muss ihre bankrotten Südländer auf Kurs bringen. Geld für Brot für die Welt? „Jetzt grad nicht, danke.“

So bleibt es vor allem an der „Mitleids-Industrie“ (unter diesem Begriff summierte die niederländische Journalistin Linda Polman die global agierenden Hilfsorganisationen) finanzielle Soforthilfe zu beschaffen. Damit werden aber die Probleme nicht kleiner. Im Gegenteil: seit Jahren stehen die Geldspenden wie auch die zum Teil wenig durchdachten Projekte in der Kritik, Afrika nicht zu helfen, sondern klein zu halten. Nicht die viel geforderte Hilfe zur Selbsthilfe wird angestrebt, sondern der Korruption Tür und Tor offen gehalten. Milizen, schwache Regierungen, Clans bereichern sich an dem, was den Ärmsten des Landes zu gute kommen soll. Im Kampf um die Spendengelder operieren die Entwicklungshilfeorganisationen gern gegeneinander statt miteinander. So zwingend und dringend Soforthilfe sein mag, das Heilmittel für Afrika ist sie nicht.

Einen wesentlicheren Beitrag kann nur die Politik liefern, um die Verhältnisse zu verbessern und auch um sich auf Notsituationen wie die derzeitige besser vorzubereiten. Es ist dringend angeraten, die wirtschaftlichen Beziehungen zu ändern, unser Bild von Afrika zu ändern. Wir vergessen gern: Nicht in ganz Afrika herrschen Mangel und Hunger. Nicht in allen afrikanischen Staaten sind korrupte Beamte, semidiktatorische Regierungen und einfallende Islamisten am Werk. Somalia, welches seit Ende der 80er Jahre im Bürgerkrieg zerrieben wird, ist nicht das Aushängeschild Afrikas. Ein Gegenbeispiel dafür, dass aus einer Militärdiktatur auch eine Demokratie werden kann, ist u.a. Ghana. So wie in vielen Teilen Afrikas Armut, Kriege, Hunger und Aids das Leben der Menschen bedroht, so gibt es auch funktionierende Kleinwirtschaft, Infrastruktur, Mobiltelefone und Internet. Nicht alle Afrikaner sind Stammesmitglieder, verhungernde Gestalten und Medizinmänner. Dem Europäer mag es vielleicht nicht in den Sinn kommen, aber er blickt immer noch wie ein Kolonialherr auf Afrika hinunter. Auf die armen, ungebildeten Schwarzen, die sich nicht selbst helfen können. Nun, ganz falsch ist das vielleicht nicht: Man kann sich nicht selbst helfen, wenn man nicht ernst genommen und stattdessen in seiner Hilfslosigkeit belassen wird. So wird Entwicklungsarbeit zu einer Farce statt zu einer echten Hilfe.
Es wäre an der Politik, endlich wahre Diplomatie walten zu lassen und die Grundlagen der wirtschaftlichen Beziehungen zu überdenken. Es braucht neue Konzepte für den Aufbau einer zukünftig gleichberechtigten Partnerschaft. Wirtschaftlich und politisch ist Afrika (noch) nicht auf einer Stufe mit seinen Geschäftspartnern. In ungleichen Beziehungen muss einer Seite übergangsweise mehr eingeräumt werden – allerdings, um den Mangel kompensieren zu können und nicht, um den ohnehin Stärkeren noch weiter zu bevorteilen. Der Geldgeber hat seine eigenen Interessen, natürlich. Aber was ist mit den Interessen der Afrikaner? Warum verweigert man ihnen die Möglichkeit, Handel zu treiben, Geld zu verdienen und sich selbstverantwortlich aus der Abhängigkeit zu befreien? Warum lässt man zu, dass dieselben Spekulanten, die schon den Immobilien- und Finanzmarkt an den Abgrund drängten, auch die Agrarpreise in die Höhe trieben, so dass sich die Bauern die eigenen Produkte nicht mehr leisten können, um sich für Notlagen wie diese einzudecken?

Viele von uns stöhnen über die Spendenaufrufe, misstrauen der milliardenschweren Industrie dahinter, äußern den Verdacht, dass das Geld sowieso nicht ankommt und betrachten Afrika als hoffnungslosen Fall. Es gebe aber konkrete Wege dies zu ändern. Durch den Aufbau tatsächlich fairer Handelsbeziehungen hätten beide Seiten gewonnen – auch wenn die reichen Geberländer erst einmal Verluste hinnehmen müssten: die Märkte müssten für afrikanische Produkte geöffnet werden. Den Afrikaner müsste Selbstbestimmung über die Produktion von Endprodukten gewährt werden, statt sie weiter als Rohstoff- und Arbeitskräftelieferanten und Abnehmer für chinesische Billigwaren zu missbrauchen. Europäer müssten ihre unsäglich ungerechte Agrarsubventionierung aufgeben. Die Afrikaner müssten eigenverantwortlich Projekte für die Entwicklung antreiben. Die Gelder dafür zu kontrollieren ist gerechtfertigt, überbordende Bürokratie, die mehr behindert als vorantreibt aber nicht. An Verhandlungstischen sollte man beim Einsatz von Entwicklungsgütern und –geldern vermehrt auf die aufstrebenden, gut ausgebildeten, intelligenten jungen Afrikaner hören, die ihr Land und ihre Leute besser kennen. Jedes Volk hat seine Wurzeln, seine Traditionen und Werte: eine geistige Heimat. Es gibt nicht nur die europäische, amerikanische, asiatische Sicht auf die Welt. Das hat durchaus seinen Reiz und auch seine Vorteile. Partnerschaftlich kann man aber nur miteinander verhandeln, wenn man die Unterschiede seines Gegenübers wahrnimmt und zwar nicht gönnerhaft oder belächelnd, im Wissen, dass man es selber doch besser weiß.

Afrika nicht mehr als Selbstbedienungsladen zu verstehen, dürfte ein Projekt für die nächsten Jahrzehnte werden – wenn es denn irgendwann einmal angeschoben werden sollte. Und selbst dann müssten alle Bemühungen bei einem Krisenherd wie Somalia im Sande verlaufen bis endlich Frieden herrscht. Der Westen hätte diesen Zustand durch rigorose Rüstungsgesetze und Waffenkontrollen zumindest entgegen kommen können. Noch eine weitere Katastrophe in Afrika mit Ankündigung.

Freitag, 22. Juli 2011

Deutsche Exportschlager...

von Tanja A. Wilken

Made in Germany – das ist seit vielen Jahrzehnten ein Synonym für Wertarbeit und Ingenieurskunst, für Produkte, die sich auch in der globalisierten Welt nicht vor der Konkurrenz verstecken müssen. Mit dem Slogan vom „Exportweltmeister Deutschland“ schmückten und schmücken sich Parlamentarier und Wirtschaftsbosse. In einer besonderen Sparte belegen wir zurzeit einen hervorragenden dritten Platz gleich hinter den USA und Russland. Dumm nur, dass es sich bei diesem Wirtschaftszweig um eins dieser „Schmuddelkinder“ handelt, für die man besser keine Hochglanzwerbung zur besten Sendezeit schaltet: die Rüstungsindustrie. Kaum von der Öffentlichkeit registriert, verdient der deutsche Staat an der Verschiffung von Flugzeugen, U-Booten, Minensuch- und –räumgeräten und Feuerwaffen viel Geld. Sehr viel Geld. Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI schätzt, dass 2010 weltweit etwa 1630 Milliarden Dollar für Rüstung ausgegeben wurden – deutsche Hersteller und Exporteure werden ihren Teil davon abbekommen haben.

Das Geschäft mit Waffen boomt. Und natürlich bedienen deutsche Hersteller wie „Heckler & Koch“ nicht nur den heimischen Sportschützenbedarf. Das kann man wissen. Warum also jetzt diese Aufregung um den Verkauf von 200 Leopard-2-Panzer an Saudi-Arabien (geschätzter Gegenwert 1,7 Milliarden Euro)? Weil der Zeitpunkt falsch gewählt ist? Man kann tatsächlich einwenden, dass die außenpolitische Botschaft nach unserer Zurückhaltung beim Libyen-Einsatz und den eher vorsichtigen Kommentaren zu den Ereignissen des arabischen Frühlings nun eine sehr zwielichtige Lesart bekommt: „Erst die Geschäfte, dann die Menschenrechte“.

Allerdings kann sich das repräsentative moralische Gewissen in Gestalt der Opposition ihr Aufheulen an dieser Stelle sparen. Rüstungsexporte sind keine Erfindung von Schwarz-Gelb: unter der rot-grünen Regierung stieg der Wert an deutschen Kriegswaffenausfuhren ab 1998 stetig an. 2004 betrug er laut offiziellen Angaben (die erst zwei Jahre später präsentiert wurden) stolze 1,1 Milliarden Euro – das ist der dritthöchste Wert seit 1996. Besonders bemerkenswert ist dabei die sozialdemokratisch-ökologische Definition des Begriffs „Entwicklungshilfe“: Ein Drittel aller Rüstungsexporte gingen an Entwicklungsländer. Also an Regionen die bekannt sind für ihre wirtschaftliche und politische Instabilität!

Auch der Panzer-Deal mit Saudi-Arabien war schon einmal Gegenstand heißer parlamentarischer Debatten: 1981 scheiterten Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher – damals allerdings an der schwarzen christlich-demokratischen Empörung. Mehr Glück hatte Riad mit Helmut Kohl. Unter dem Einheitskanzler kamen Waffendeals im Wert von 110 Millionen Mark zustande. Und noch bis 1990 wurden Exporte von Chemieanlagen und Chemikalien in den Irak genehmigt und spülten 3,9 Millionen in die deutsche Staatskasse. Angesichts der fetten Ausbeute hatten wohl nur wenige Bonner Politiker Saddams Giftgasfabriken im Sinn.


Es spielt keine Rolle, welche Regierungskoalition man genauer unter die Lupe nimmt: Waffenexporte gab es zu jeder Zeit. Und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass sich dies in absehbarer Zukunft ändert.


Wenn sich dann von Zeit zu Zeit - wie jetzt - die oppositionelle „Vernunft“ mahnend zu Wort meldet und auch die Bürger Notiz nehmen, verweist man auf die harschen Kontrollen und Gesetze. Darauf, dass längst nicht jeder Anfrage aus dem Ausland nach deutschen Rüstungsgütern stattgegeben wird.

Außenwirtschaftsgesetz und Kriegswaffenkontrollgesetz reglementieren in Deutschland den Export. Der Bundessicherheitsrat unter Leitung des Bundeskanzlers entscheidet über die Waffengeschäfte – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das übrige Parlament erfährt erst im Nachhinein, welche Deals mit wem zustande gekommen sind. Es ist auch schwierig, genaue Angaben über den erzielten Umsatz zu erfahren. Die Bundesregierung beispielsweise gibt generell niedrigere Zahlen an als SIPRI, da sie z.B. den Handel mit Restbeständen der Bundeswehr aus der Statistik herausfallen lässt. Transparenz sieht anders aus.

§ 6 des KrWaffKontrG verbietet die Lieferung von Waffen an Staaten, wenn die Gefahr besteht, dass diese zur „friedensstörenden Handlung“ benutzt werden (z.B. für Angriffskriege). Die Ausfuhr in Krisengebiete ist untersagt ebenso wie an Staaten, die die Menschenrechte eklatant missachten. Aber was verstehen Waffenexporteure und der deutsche Staat unter „Krisengebiet“ und „eklatant“? Es war kein Problem für die Bundesregierung in früheren Jahren die Taliban mit Waffen zu bestücken – Afghanistan galt also nicht als Krisengebiet. Libyens Gadhafi galt als berechenbarer Bündnispartner, den man mit deutschem Kriegsgerät ausstattete, damit dieser bei der „Grenzbefestigung“ behilflich sein konnte.

Parteinahme kann man Unternehmern und Staat nicht vorwerfen. Man beliefert die eine Seite und rüstet die andere gleich mit auf, wie im Fall Türkei und Griechenland, die derzeit zu den Hauptabnehmern gehören. Das ist Gerechtigkeit! Jeder bekommt einen Teil des Kuchens.

Im Falle Saudi-Arabiens, ebenfalls kein Musterbeispiel für die Anerkennung allgemeiner Menschenrechte, wird zur Argumentation der iranische Erzfeind in die Waagschale geworfen. Die Saudis sind zwar keine Freunde Israels aber ein wichtiger Gegenpol zur potentiellen iranischen Atomgefahr.

„Der Feind meines Feindes…“ Auch diese Gleichung funktionierte in der Vergangenheit immer nur kurzfristig. Egal, wen wir bisher im Nahen und Mittleren Osten waffentechnisch unterstützen, um Stabilisierung zu erzeugen: das Gleichgewicht zwischen den Kräften war bestenfalls provisorisch. Früher oder später wurden deutsche Waffen nicht mehr (nur) benutzt, um sich gegen Feinde zu verteidigen, sondern dafür, die eigene Bevölkerung in Schach zu halten oder auch, um den einstigen Verbündeten im Westen zu bedrohen.

Öffentlich wirkt das geopolitische Argument natürlich besser als die nackten wirtschaftlichen Interessen. Tatsache aber ist, dass sich die Wirtschaftskrise auch auf die Militärausgaben auswirkt. Hinzu kommt, dass mit der Abschaffung der Wehrpflicht und dem Sparzwang, unter dem die Bundeswehr steht, diese als Großabnehmer immer mehr ausfällt – gut also, dass die Saudis deutsche Wertarbeit zu schätzen wissen, die revolutionären Tendenzen um sich herum nicht gutheißen und den iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad fürchten. Zwischen russischen, amerikanischen, europäischen und chinesischen Waffenhändlern entbrennt der Kampf um die weitere Erschließung eines lukrativen Marktes – im Nahen Osten, in Nordafrika und Südamerika. Keine Lieferung in Spannungsgebiete? Die Regeln des Marktes besagen aber, „wenn wir´s nicht machen, macht es ein anderer!“

Und so werden sich weiterhin hehre Vorstellungen, wie die von der deutschen Nation als Friedensstifter (so will es schon die Präambel des Grundgesetzes!), mit der wirtschaftspolitischen Wirklichkeit reiben. Und zurückstehen. Denn unsere Politiker denken in Aufträgen (so Entwicklungsminister Dirk Niebel) und wollen deutschen Unternehmen die Türen für den globalen Markt öffnen (Außenminister Guido Westerwelle). Ein bisschen mehr Weitsicht für das, was sich hinter der Tür auftut, hat aber noch keinem geschadet.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Der virtuelle Stammtisch...

von Tanja A. Wilken

Unsere durchs Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit ist eine feine Sache, ein demokratisches Fundament. Der Pfeiler einer freien Gesellschaft, in der die Meinung eines jeden geachtet wird. Kein Propaganda-Ministerium schreibt uns vor, was wir zu denken, zu sagen und zu schreiben haben. Und das Internet ist eine junge Form, diesem Recht Ausdruck zu verleihen. Die Freiheit geht einher mit einer Unbegrenztheit, wie sie nur das World Wide Web jedem zur Verfügung stellt, der über PC und Internetanschluss verfügt. Zur Meinungsfreiheit gehört auch unbegrenzte, zensurfreie Verbreitung persönlicher Ansichten. Auch wenn zur eigenen Weltsicht Verschwörungstheorien und rassistische Diskriminierungen gehören. Die Reihe von Plattformen, die den Rassismus im neuen Gewand – gerne bezeichnet als Islamophobie – hofieren, ist beachtlich. Die Parallelen zum Antisemitismus sind unübersehbar – und werden von Betreibern doch weit von sich gewesen.
Im Vordergrund stehe die Sorge um die Bedrohung der Freiheit durch die Islamisierung unserer Gesellschaft. Der Islam sei keine Religion, sondern eine Gesellschaftsform mit Weltherrschaftsanspruch, die den Hang zum Terrorismus seinen Mitgliedern mit der Muttermilch einimpft. Wer hier gleich an Hetze denkt… nein, um Kritik geht es, um die Wahrung der Menschenrechte und der Demokratie! So sagen es die Betreiber einschlägiger Foren. Und man achtet tunlichst darauf, die „redaktionellen“ Beiträge seiner Autoren am Gesetz (sprich: unterm Radar des Verfassungsschutzes) auszurichten. Um zu sehen, wie aus vermeintlicher Kritik nichts als ein Podium für blanke Hetze wird, muss man den Blick unter die Artikel auf die Kommentarleiste richten: hier reiht sich ein rassistisches Vorurteil ans nächste; der virtuelle Stammtisch tobt sich aus und beleidigt alles vom „Kanaken“ über die vom Ausländer ferngesteuerten Politiker bis zum weichgespülten Gutmenschen. Von den Menschenrechten, der Menschenwürde, einem entscheidenden Grundsatz des von den Machern so viel beschworenen Grundgesetzes bleiben zwischen Verleumdungen, Bedrohungen und Ausrottungsphantasien nicht mehr viel übrig.

Tja, jedem steht es zu, seine Meinung zu haben, „und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“. So steht es geschrieben, so ist es. Dabei die Meinung zu vertreten, die eigene Nation werde von Fremden unterwandert, ist geschriebenes Recht. Kritikern dieser Seiten wird die Unterstützung und Verbreitung neorassistischen Gedankenguts vorgeworfen – auch das ist Recht.
Um zu erkennen, was Kritik von Hetze unterscheidet, müssen wir fragen: Was ist das Wesen der Kritik? Wir kritisieren Dinge und Zustände, weil wir auf eine Veränderung hoffen. D.h. Kritik muss zuallererst differenziert sein. Selbst wenn sie auf dem ersten Blick polemisch daherkommen mag, sobald es ums „Eingemachte“ geht, darum, dass aus einer bloßen Äußerung eine Stellungsnahme wird, die Veränderung bewirken will, muss sie sich der Gegenargumentation stellen. Kritik und Meinungsfreiheit beinhalten eben nicht Pauschalisierung. Wie wirkt man der entgegen: durch Informationen, die uns erlauben verschiedene Sichtweisen kennen zu lernen, die unserer eigenen Meinung entgegenstehen. Und ab hier wird es knifflig, denn die vermeintlichen Wächter der Meinungsfreiheit, die ihrerseits den gängigen Medien Mitwirkung an der Vertuschung der islamischen Gefahr unterstellen, verzerren die Informationen, die sie zur Verfügung stellen, doch ganz erheblich: aus der Freiheit der Meinungsbildung wird reine Meinungsmache. Man gibt vor, sich aus den unterschiedlichsten Medien zu bedienen, um ein ungetrübtes Bild der Wahrheit vor dem Leser auszubreiten.
Die Methoden der Meinungsmache sind uralt, sie funktionieren, seit es Zeitungen und Politik gibt: jemand schwingt sich zum Sprachrohr einer vermeintlichen Mehrheit (siehe jede zweite BILD- Überschrift, z.B. „Wir Deutschen“, „So denken die Deutschen tatsächlich über XY“) oder einer bedrohten Minderheit („Wir unterdrückten Deutschen gegen die schleichende Islamübernahme“) auf und gibt vor, eine „aufgeklärte“ Gegenöffentlichkeit bilden zu wollen. Dann wird zwecks der plattformeigenen Propaganda manipuliert, aus dem Zusammenhang gerissen, Versatzstücke präsentiert, passende Sprachbilder geschaffen, um gewünschte Assoziationen zu wecken. Statistiken dienen ja auch immer dem, der sie gerade liest. Zudem hetzen die Betreiber den eigens gefütterten Mob nebst erprobtem Kampfvokabular auf die Sites anderer Magazine, gerne auf bekannte und viel frequentierte Tageszeitungen, wie die „Taz“ und „Die Welt“. Dient natürlich alles nur der freien Meinungsbildung. Oder der Verbreitung eines höchst eingeschränkten Weltbildes.

Die Freiheit als mächtige, Demokratie stiftende Größe, tragen die Macher und Kommentatoren wie eine Fahne vor sich her. Allerdings entscheiden sie, wem diese Freiheit zuteil wird. Unpassende Kommentare (vornehmlich die, welche sich kritisch zu den Aussagen der Artikel äußern) werden von den Betreibern gelöscht oder – viel spannender und zudem Gemeinsinn weckend - den anderen Stammtischteilnehmern zum „Abschuss freigegeben“. Freiheit gehört den meinungskonformen (in diesem Sinne ausschließlich „Ausländer- kritischen“), weißen Männern, die keinesfalls „rotes Geschmeiß“ wie die Linken, Grünen oder die SPD wählen (welche Auswahl da noch übrig bleibt, kann man sich ja denken).

Es gehört auch zur Meinungsfreiheit, sich ausschließlich in solchen Foren zu tummeln. Wer sich also der gezielten Agitation aussetzt, ist der dumm oder hilflos? Die Antwort entscheidet sich von Fall zu Fall. Die Idealisten müssen sich von der naiven Vorstellung verabschieden, dass jeder Mensch sowohl willens als auch fähig ist, sich der Meinungsmache zu entziehen. Im Kreise Gleichgesinnter fühlen wir uns nun mal am wohlsten. Nicht jeder empfindet Konfrontationen und Diskussionen als belebend. Und nicht jeder würde, hätte er nur brauchbare Informationen zur Hand und alternative Quellen zur Verfügung, seine Einstellung ändern. Es bleibt nur zu hoffen, dass manche die freie Welt des Internets nutzen, um sich hin und wieder woanders umzusehen.

Dienstag, 21. Juni 2011

Von Bildern und Quoten...

von Tanja A. Wiken

Wie hätten wir ihn denn gern, den guten Migranten? Nett soll er sein. Verfassungskonform und patriotisch. Assimiliert mit der deutschen Kultur. Gewandt in der Sprache. Und bitte, bescheiden im Hintergrund. Aber nicht lauernd! Parallelgesellschaften und Ghettoisierungen sind schlecht – was nicht heißt, dass er eine Gartenlaube in direkter Nachbarschaft zu Meier und Schmidt haben muss. Überhaupt, Cliquenbildung sehen wir nicht gern – das wirkt so verschwörerisch. Am liebsten ist uns der Ausländer oder Migrant, den wir nicht wahrnehmen, von dessen Anwesenheit, religiösen und kulturellen Eigenarten wir nichts mitbekommen. Sein Essen nehmen wir gern, seine Moscheen kann er behalten. Sozialschmarotzer soll er nicht sein – die Arbeit aber den Deutschen lassen. Ausgenommen natürlich die Tätigkeiten, die wir selbst nicht machen wollen: Müll entsorgen, Toiletten in Fastfood-Restaurants schrubben, mit gebücktem Kreuz den lieben langen Tag Spargel stechen usw.
Der gute Migrant ist nach Möglichkeit bitte nicht osteuropäisch: die sehen schon so verschlagen aus. Die Russen sind mafiös und die Türken prügeln und vermehren sich zuviel. Wie der schlechte Migrant aussieht, was er so treibt, wissen wir ganz genau: Dieses Bild hat sich durch jahrzehntelange Alltagserfahrung (z.B. im Berliner „Sarrazin-Land“) und durch objektive Berichterstattung geprägt: „Prügel-Türken“, „Rote Rüpel“ & „Gyros-Bomber“ (kleine Auswahl aus dem BILD-Wörterbuch).
Lieb ist uns der Ausländer, der im Deutschland-Trikot Tore schießt. Der, über den wir lachen können – weil er als Comedian über seine Leute herzieht (den feinen Spott am Deutschtum können wir dabei gönnerhaft übersehen). Und der, der seine Herkunft verleugnet. Naja, ansehen tun wir`s ihm natürlich trotzdem. Ist schon vergebliche Liebesmüh. Aber den unbedingten Willen zum Abstreifen alles Griechischen, Türkischen, Serbischen wollen wir schon. Sonst hat das ja nichts mit Integration zu tun.
Erfreuen können wir uns auch am Vorzeige-Migranten. Dem mit Hochschulabschluss, Job in der Forschung, mit Parteibuch (vorzugsweise SPD oder CDU). Jemand der suggeriert: „Ich bin Keiner mit kulturzersetzendem Auftrag!“ So einen kann man gebrauchen für Werbetafeln und Commercials (dafür nimmt man aber auch gerne ukrainische Boxer), als Gegenbeispiel für den U-Bahn-Schläger / Integrationsverweigerer. Und zur Imageverbesserung einer Partei.
Und wenn man bisher versäumt hat, den Vorzeige-Migranten in die Parteiführung durchzulassen, dann muss halt eine Quote her. Die SPD hatten diesen grandiosen Vorschlag jüngst zur Disposition gestellt. Wenn selbst Grüne, FDP und die CDU Migranten auf bedeutende Posten setzen, kommt die ursoziale Partei in Zugzwang, dachte sich Gabriel, kam aber nicht so recht an bei den anderen Genossen. Es ist ja auch so: Es gibt wohl kaum ein unbeliebteres Instrument in Wirtschaft und Politik als die Quotenregelung. Dabei will man damit – vordergründig – ja nur Gutes: ein Ungleichgewicht beheben, diskriminierte Gruppen stärken, also Frauen, Behinderte und nun Migranten. Dummerweise haftet der Quotenanstellung etwas pauschal Verurteilendes an: Man stellt ein, weil einem noch der politisch korrekte Rollstuhlfahrer fehlt, weil die durchgängig männliche Führungsriege im DAX- Unternehmen so wenig weltmännisch wirkt und weil man, z.B. den Parteiausschluss gegen einen Verbreiter irrlichternder Genetik und Abtrünnigen ureigener sozialdemokratischer Grundsätze („Herkunft ist kein Schicksal!“) vergeigt hat und einem die ganzen Migranten (dummerweise eine Hauptklientel) aus der Partei davonlaufen.
Man könnte aber auch argumentieren, dass Quoten Missstände nicht beheben, sondern Vorurteile noch schüren: Wer nach Quote eingestellt wird, wird nicht zuvorderst aufgrund seiner Qualifikation eingestellt. Sagt man. Stimmt vielleicht nicht unbedingt, aber manche Klischees halten sich hartnäckig.
Zudem birgt es das Problem der Klassifikation. Was bei der Frauenquote relativ einfach ist (man kann sie ja ganz gut erkennen), gestaltet sich schwierig bei der Migrantenquote: Um als leuchtendes Beispiel des guten Migranten in die Parteigremien einziehen zu können, muss erst mal geregelt sein, wie viel Quantum am Migrant-Sein erfüllt werden muss. „Wie viel Prozent Ausländer und wie viel Prozent Deutscher hätten Sie denn gern?“ Die Quote, die eigentlich eine Stärkung sein soll, wird zum Ausmusterungs-Werkzeug.
Ein bisschen ist es auch so, dass in der Forderung nach einer Quotenregelung das Eingestehen des eigenen Versagens mitschwingt. Ein gutes halbes Jahrhundert nach dem Eintreffen der ersten Gastarbeiter haben wir immer noch ein sehr „bescheidenes“ Bild vom Migranten. Besser sicherlich als zu anderen Zeiten. Aber wir unterteilen, klassifizieren, etikettieren: die Guten gegen die Bösen. Nette, aber faule (zumindest verschwenderische) Südländer und böse, kriminelle Osteuropäer.
Diskriminierungen gab es zu allen Zeiten. Frauen, Schwule, Schwarze... Es ist eine endlose Liste. In den allermeisten Fällen änderte sich das Bild der „schwachen Frau“, des „unterprivilegierten Schwarzen“, des „perversen Schwulen“ nur durch einen zähen, langwierigen Kampf, durch eine beschwerliche – aber durch den Lauf der Zeit (und mittels Gesetze) gestützte – Emanzipation. Auch wenn viele Vorurteile weiterhin nicht auf taube Ohren stoßen – die Bilder ändern sich, allen Quäkern und Philistern zum Trotz.
Wäre ja auch dumm, bliebe an uns ewig das Bild des besserwisserischen, nörgelnden, latent xenophoben Deutschen kleben, der seinen Spargel nicht selber stechen will und den armen Griechen androht, ihnen ihre Akropolis im Ramschverkauf zu entreißen.

Montag, 6. Juni 2011

Vom Drang die Welt zu retten...

von Tanja A. Wilken

Vor 50 Jahren hatte ein guter Mensch eine gute Idee: 1960 erregte die Verhaftung zweier portugiesischer Studenten die Aufmerksamkeit des britischen Anwalts Peter Benenson. Spontan hatten sie sich mit dem Trinkspruch, „Auf die Freiheit!“ zugeprostet. Dummerweise wurde dies unter der damaligen Salazar-Diktatur nicht gern gehört und die beiden wurden kurzerhand eingesperrt. Die Empörung über diese Willkür veranlasste Benenson zu handeln: Er und einige Gleichgesinnte schrieben Briefe an die portugiesische Regierung mit der Bitte um Freilassung der Studenten. Man könnte das für ziemlich naiv, vielleicht sogar lächerlich, halten: Briefe schreiben gegen die Freiheitsberaubung in einer Diktatur! Tatsächlich verbuchten Benenson und seine Mitstreiter aber einen Erfolg – die Gefangenen wurden freigelassen. Kurze Zeit später veröffentlichte Benenson in der britischen Tageszeitung The Observer den Artikel “The Forgotten Prisoner“, in dem er die Idee einer Organisation darlegte, die sich dem Kampf für die Menschenrechte politisch Gefangener verschreibt. Die Ziele fasste er am Ende zusammen: unparteiisches Eintreten für die Freilassung von Menschen, die aufgrund ihrer Meinungsäußerung eingesperrt wurden oder zumindest das Erreichen eines fairen, öffentlichen Verfahrens; die Ausdehnung des Asylrechts und die Unterstützung politischer Flüchtlinge bei der Arbeitsaufnahme und schließlich, den großen internationalen Staats- und Verwaltungsapparaten bei der Wahrung des Rechts auf freie Meinungsäußerung auf die Finger schauen. Allen Unkenrufen zum Trotz, die die idealistischen Aktionen Einzelner belächeln und meinen, man könne die Welt so nicht ändern und seine Zeit besser nutzen, blieb Benenson kein Träumer, der allein im stillen Kämmerlein über den Zeitungen brütet: aus der urgent action, dem Schreiben von Protestbriefen, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit die international agierende Organisation Amnesty International, die mittlerweile an die drei Millionen Mitglieder umfasst.

An dieser Entstehungsgeschichte zeigt sich, dass Empörung ein wichtiger Schlüssel, ein Katalysator für etwas Großes sein kann.

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ So steht es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, zu denen sich die Mitglieder der Vereinten Nationen bekannten. Aber noch im 21.Jahrhundert sind viele Menschen durch ihren Geburtsort, durch ihren religiösen und kulturellen Hintergrund, aufgrund ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts – kurzum: durch puren Zufall – gleicher als andere. Es ist wichtig, dass sich unter uns Querulanten und Optimisten finden, die sich daran stören, dass in dieser großen weiten Welt verdammt viel Mist passiert und viele Menschen oft Schicksale erleiden müssen, für die nicht sie selbst, sondern die Mächtigen um sie herum die Verantwortung tragen.

Es gibt mittlerweile immer mehr Menschenrechts- und Hilfsorganisationen – wenn man so will, „Berufs-Empörer“, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, diesen Missständen offen entgegenzutreten. Sie kämpfen, mit teils unterschiedlichen Schwerpunkten, um das gleiche Ziel. Und in einer Zeit medialer Reizüberflutung, in der eine Katastrophe nach der anderen verhandelt wird und somit die „Katastrophe“ als solche beinahe inflationären Charakter hat, müssen die verschiedenen Organisationen auch um Aufmerksamkeit für die eigene Arbeit buhlen, und um Mitglieder, ehrenamtliche Helfer und Spendengelder. Es scheint, dass auch die zahlreichen Weltverbesserungs-AGs in einen Wettstreit miteinander geraten sind. Da ist die Außenwirkung wichtig, das Marketing und das Profil. Auch Amnesty International machte mit und begann ab 2001 sein Grundsatzprogramm zu ändern. Jahrzehntelang waren es vornehmlich die anonymen politischen Gefangenen, denen man eine Stimme geben wollte. Die Organisation betonte von Anfang an, sich von Ideologien und von politischer Einflussnahme fernhalten zu wollen. Vor zehn Jahren aber beschloss man, sich auch wirtschaftlichen und sozialen Rechten und ihrer Durchsetzung zu widmen. Wirtschaft und Politik sind aber per se miteinander verwobene Minenfelder, auf denen hehre Ansprüche und der Wunsch nach Unabhängigkeit einem leicht um die Ohren fliegen können. Ohne Zugeständnisse keine Weltrettung.

Es mag sein, dass man Rechte nicht hierarchisieren kann, wie Irene Khan (bis 2009 die Frau an der Spitze von Amnesty International) einmal sagte, um die Programmänderung zu erklären. Gehört nicht auch das Recht auf sauberes Wasser, Bildung und Wohnung zum Menschsein? Das Problem ist nur, wann wird es zu viel? Wann torpediert man eine gute Idee mit zu vielen Erwartungen? Wann verliert man durch Dauerpräsenz auf allen Gebieten sein Gehör bei denen, mit denen man verhandeln will? Und bei denen, die einen unterstützen sollen, sich aber bei dem Übereifer verwundert nach den Grundsätzen umschauen? Wann bewirkt man vor lauter gutem Willen letztlich gar nichts mehr?

Wer zu viel will, verheddert sich auf den vielen Baustellen dieser Welt. Niemand kann an allen Fronten kämpfen, sämtliche Waisenkinder aus Kambodscha adoptieren, Trinkwasserbrunnen betreiben, die wirtschaftliche Ausbeutung ärmerer Länder stoppen und zugleich den heimischen Wohlstand fördern, damit allen Flüchtlingen Nordafrikas ein lauschiges Plätzchen im hauseigenen Garten zum campieren geboten werden kann.
Unser Blick ist begrenzt, die Möglichkeiten auch. Ein guter Mensch ist auch schon der, der seinen Blick und seinen Verstand offen hält und der spontan in einer bestimmten Situation das Notwendige tut. Dafür reicht schon Empathie mit einem guten Schuss Empörung.

Dienstag, 24. Mai 2011

Europa macht dicht....

von Tanja A. Wilken

Irgendwas geht um im Alten Europa. In der Schweiz wehrt sich das Volk gegen den Bau eines Minaretts, in Ungarn „patrouillieren“ Herrschaften in eigentümlichen Uniformen durch Roma-Siedlungen, Dänemark will seine Grenzen dichtmachen und ganz Europa betreibt unterlassene Hilfeleistung. Frankreichs Chef Sarkozy und Italiens Berlusconi fordern eine Verschärfung des Schengen-Abkommens und im Dienste der Sicherheit pflichtet ihnen unser Herr Friedrichs eifrig bei. Parteien mit so klangvollen Namen wie die „Wahren Finnen“, die „Dänische Volkspartei“ oder „Front National“ (Frankreich) machen sich auf, „ihre“ Länder sicherer und besser zu machen. Gutes Recht, nicht wahr? Irgendwas ist faul im Staate Dänemark. Und im Staate Frankreich. Im Staate Deutschland. Im Staate…

Dabei hatte alles einmal so gut angefangen! Frei sollte Europa sein. Stark und unabhängig. Nicht nur wirtschaftlich, auch politisch. Stolz waren wir auf unsere Kultur. Auf die historische Entwicklung. Auf Aufklärung und Demokratie. Weltoffen, tolerant, emanzipiert. Das ist Europa! Ein Zusammenschluss war nur folgerichtig. Ebenso wie offene Grenzen. Das Schengen-Abkommen von 1985 beschloss die Verteidigungsgrenzen Europas nach außen. Innere Grenzen sollte es nicht mehr geben. Es war so denn auch ein symbolischer Akt, dass sich die Mitgliedsstaaten füreinander und untereinander öffneten. Die Mobilitätsfreiheit wurde ein Grundrecht des europäischen Bürgers. Ein Zeichen der Gemeinschaft und des Vertrauens (wobei man nicht vergessen sollte, dass dieses Privileg ausgewählten Kandidaten trotz EU-Mitgliedschaft gern vorenthalten wurde. Nur ein Schelm wer böses dabei denkt, dass diese Exklusivität hauptsächlich die östlichen EU-Länder betraf). Europa sollte im besten Sinne eine „offene Gesellschaft“ sein. Zusammenhalt im Inneren, Stärke nach außen. Ein Vorbild und eine Marke für die weltpolitische Bühne.

Leider schickt sich diese Mustergesellschaft nun an, sich in eine geschlossene zu verwandeln. Und dies unter dem Deckmantel eines leicht diffusen Sicherheitsbedürfnisses. Wieso diffus? Muss sich eine Gesellschaft ihrer Feinde nicht erwehren dürfen? Sicherlich. Aber wie definiert Europa derzeit seine Feinde? Als Bootsflüchtlinge und polnische Putzfrauen. Vor letzteren fürchtete man sich, seit im letzten Jahr verkündet wurde, dass das Arbeitnehmer-freizügigkeitsgesetz in Kraft treten würde. Busseweise werden nun Billiglöhner ins Land kommen!
Nun, wir haben vielleicht genug Putzpersonal, aber ein paar zusätzliche Altenpflegekräfte würden uns sicher nicht schaden. Und die Sache mit dem Lohndumping wäre etwas, was die Politik mit genügend Anstrengung und Konzentration wohl regeln könnte…
Was die schätzungsweise etwa 34.000 Menschen betrifft, die seit Ausbruch der Kämpfe bei der Flucht aus Nordafrika in Europa landeten (davon über 25.000 in Italien): Hier muss ein wenig Zahlenspielerei erlaubt sein, um die Hysterie, die von europäischen Innenministern und Staatsoberhäuptern betrieben wird, in die richtigen Dimensionen zu lenken. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) geht von etwa 600.000 Flüchtlingen aus Nordafrika aus. Von denen kamen die meisten in den angrenzenden Ländern, wie Ägypten und Tunesien, unter. Länder, die derzeit unruhige Zeiten durchleben. Deren Behörden und besonders Bewohner sich um die Versorgung der Menschen kümmern. Kleine Dörfer nehmen bis zu 20.000 Menschen auf – ohne verzweifelt die Hände gen Himmel zu recken, wie sie denn dieser „biblischen Plage“ Herr werden können. Nur ganze 2% der Menschen aus Libyen sind in Europa aufgenommen worden! Wir reden hier von 27 Staaten und 501 Millionen Menschen. Und wir schaffen es nicht, ein paar Zehntausend Hilfesuchenden vorübergehend eine menschenwürdige Unterbringung zu bieten?

Es sind all diese Widersprüche und Ungereimtheiten, mit denen Europa operiert – und sein eigenes Bild demontiert. Wir beklagen den Fachkräftemangel, die schwachen Geburtenjahrgänge – und schließen unsere Grenzen oder melden von vornherein an, wen wir denn nun alles nicht haben wollen. Dabei bemerken wir nicht, dass schon viele uns nicht mehr haben wollen und gehen, noch ehe die Tinte auf der Diplom-Urkunde getrocknet ist. Oder was ist mit Intellektuellen, wie dem Islamkenner und –kritiker Bassam Tibi, der nach 44 Jahren in Deutschland, und etlichen davon an einer deutschen Universität, verkündete, dass er sich nie heimisch fühlte – weder im wissenschaftlichen noch im privaten Raum? Obwohl wir um unsere Schwierigkeiten beim Verstehen des Islams wissen, obwohl wir im Widerstand gegen Fundamentalisten Kenner brauchen, vergraulen wir diese aus Europa. Dieser Un-Zustand wird auch nicht dadurch verbessert, dass momentan fleißig über Migranten-Quoten in Parteien nachgedacht und immer mal wieder ein „Vorzeige-Muslim“ präsentiert wird. Dies dient weniger der Anerkennung von Muslimen als öffentlich-wirksamen Personen, als vielmehr der Selbstbeweihräucherung der Parteien: „Seht her! Wir sind gute Menschen!“ Ja, sind wir das nicht?
Wir sind moralisch, verfassungstreu, trennen unseren Müll und sind gegen AKWs. Sobald irgendwo auf der Welt wieder die Erde wackelt, schicken wir Geld. Zusätzlich zum jährlichen Weihnachtsspendenmarathon. Ganz ungefragt. Wir sind so vom Geist der Aufklärung und unseren Wertvorstellungen erfüllt, dass einem ganz warm ums Herz werden kann. Wird einem aber nicht…

Die Betonung moralischer Werte und Ideen muss einem suspekt vorkommen, sobald diese zu einer letztgültigen Anweisung werden. Nehmen wir die Beschwörung deutscher Leitkultur, besser: die Zugehörigkeit zu einer christlich-abendländischen Wertekultur. Es war eben jener Bassam Tibi, der die Leitkultur aufs Tapet brachte. Er sprach von einer „europäischen Leitkultur“, die sich angesichts des bestehenden Kulturpluralismus für eine neue europäische Identität aussprach. Natürlich müssten die Eingewanderten die jeweilige Rechtsordnung anerkennen. Aber bei der Frage, wie Integration erfolgreich gelingen kann, geht es um mehr als um Verfassungspatriotismus. Integration braucht Identität – Identität mit der neuen Gesellschaft und Kultur. Und um Identität zu erlangen, bedarf es einen Grundkonsens gemeinschaftlicher und allgemein anerkannter Werte – eben einer Leitkultur. Unter der europäischen Leitkultur verstand er eben dieses Erbe der Aufklärung, der Toleranz, des gegenseitigen Respekts. Er wollte keine Parallelgesellschaften und keinen wertebeliebigen Multikulturalismus. Religion ist Privatsache – und das soll sie auch bleiben. Im öffentlichen Raum hat sie nichts zu suchen. Und diesen Fehler begingen CDU / CSU, als sie die Leitkultur für sich entdeckten. Sie boten keine Identitätsfindung, sondern sortierten aus. Kein Migrant, wie verwurzelt er in diesem Land sein mag, egal wie lange er seinen Pass bereits hat, egal welche Anstrengungen er auch unternimmt, kann sich unter der Decke der „christlich-jüdisch-abendländischen-Tradition“ wiederfinden.

Was augenblicklich in Europa passiert, die äußere und innere Abschottung, trägt die Handschrift der Furcht vor dem Verlust der kulturellen und nationalen Identität. Wir haben Angst und machen dicht. Auf lange Sicht werden wir dafür bezahlen. Populismus schadet unserer Wirtschaft, unserer Gesellschaft, unserer Kultur. Keine Nation gedeiht ohne Einfluss. Eine offene Gesellschaft hat das Recht, sich vor ihren Feinden zu schützen. Die wahren Feinde sind Indoktrination, Verallgemeinerung, Kritikfeindlichkeit, Abkehr vom Pluralismus der Ideen. Diese Gefahren gehen nicht allein vom Islamismus aus. Sie zeigen sich durch rechtspopulistische Stimmungsmacher, schwache politische Führungen, Vorurteile und Borniertheiten.
Es ist was faul, im Staate Europa.

Mittwoch, 11. Mai 2011

Kopfschuss im Namen der Gerechtigkeit...

von Tanja A. Wilken

„Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan“, sagte Barack Obama über die Tötung Osama Bin Ladens durch ein US-Spezialkommando am 2.Mai 2011. Israel gratulierte zu einem „historischen Tag“ und das amerikanische Volk spricht über „eine böse Kraft, die endlich weg ist“ und äußert die Hoffnung, ihr Staatsfeind Nr.1 möge nun „in der Hölle schmoren!“ Herrje, da ist sie wieder: die religiöse Phrasendrescherei, mit der schon G.W. Bush seinen Kreuzzug gegen die „Achse des Bösen“ eröffnete. Aber bleiben wir bei der „Gerechtigkeit“, die es ja nun einmal nicht nur im biblisch-alttestamentarischen, sondern auch im rechtsstaatlichen Sinne gibt. Darf ein Rechtsstaat gezielt töten?

Leider ist diese Frage nicht einfach zu beantworten. Das Völkerrecht gibt keine klare Antwort, eher läuft sie einer seit Jahrzehnten gängigen Praxis international operierender Staaten hinterher: das „targeted killing“ ist rechtlich und ethisch umstritten, aber geduldet. Ob es sich mit dem Völkerrecht deckt, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: Zum einen geht es darum, ob die Tötung auf eigenem oder fremden Boden geschieht und ob im Fall eines Eingriffs in einem anderen Land dessen staatliche Souveränität gewahrt wird. Pakistan schweigt bisher beharrlich dazu. Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, dass die Amerikaner ohne Wissen und eventuell auch Mithilfe des gut arbeitenden pakistanischen Geheimdienstes die Mission durchführten. Pakistans bisherige Beteuerungen, völlig ahnungslos gewesen zu sein, dürften eher dem Schutz vor eventuellen Repressalien dienen als der Wahrheit entsprechen. 

Der zweite Punkt betrifft die Zielperson selbst. Laut dem wenig konkret formulierten Kriegsvölkerrecht ist die Tötung eines Anführers oder Teilnehmers eines bewaffneten internationalen Konflikts zulässig. Immer vorausgesetzt, der Betroffene ist nachweislich an diesen Feindseligkeiten beteiligt. Nun meinen einige, Bin Laden habe nicht gekämpft, jedenfalls nicht zum Zeitpunkt seines Todes. Dann muss man allerdings fragen, ob jemand, der Befehle zur Ausübung von Terroranschlägen gibt, als Zivilist völkerrechtlich nicht belangt werden kann. Anders formuliert: Wird ein sich klar bekennender Terrorist und Anstifter zum Mord an Unschuldigen während der Nachtruhe oder Mittagspause zum Zivilisten, den man nicht ausschalten darf? 2009 gab ein Internationales Komitee des Roten Kreuzes ein Gutachten heraus, das diese Frage damit beantwortete, dass sich Personen wie Bin Laden durchaus zu legitimen militärischen Zielen machen – im Gegensatz beispielsweise zu bloßen Mitläufern. Bin Laden machte keine Pause vom Terroristen-Dasein. Und auch eine strafrechtlich relevante Unschuldsvermutung dürfte in seinem Fall kaum gegeben gewesen sein.

Wenn es sich auch nun nicht eindeutig klären lässt, ob die Amerikaner völkerrechtskonform oder nicht agiert haben, so steht die Frage, ob es sich bei der Aktion um eine angemessene, einem Rechtsstaat würdige Reaktion handelte, auf einem anderen Blatt. Demnach hätte man Bin Laden festnehmen und dem Internationalen Gerichtshof überantworten müssen. Aber hätten die Amerikaner ihren erklärten größten Feind tatsächlich einem Gericht (noch dazu einem nicht-amerikanischen!) übergeben und damit den Dingen ihren Lauf gelassen? Bin Laden war nicht Milošević – ein Blick in die Medien genügt, um zu sehen: dies war nach amerikanischem Selbstverständnis eine nationale Angelegenheit – „etwas Persönliches“. Kein Gerichtsverfahren der Welt hätte dem Genüge getan. Und so landet man wieder bei dem alten Rachebegriff des „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, und einer Dimension der Begriffe „Recht“ und „Gerechtigkeit“, die über die völkerrechtliche hinausreicht. Nach Bushs Aufruf zum „war on terror“ pervertierten die eingesetzten Mittel des Antiterrorkampfes den Gerechtigkeitsanspruch. Recht wurde zur Vergeltung. Westliche Ethik verkam durch Foltermethoden wie das Waterboarding, durch die Verschleppung Terrorverdächtiger, Inhaftierung ohne Haftprüfung und Guantanamo zur Demagogie. Diese „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ wurden nicht von einem Tyrannenstaat, sondern von einem demokratischen, sich als hoch zivilisiert betrachtenden Staat verübt. Damit wir uns nicht missverstehen: eine Demokratie muss sich ihrer Feinde erwehren dürfen. 

Bin Laden tötete ohne Skrupel Tausende „Ungläubige“ und opferte seine eigenen Religionsbrüder für den „Heiligen Krieg“. Al-Qaidas Terrorismus zielt auf die Beseitigung von Menschen, deren nationale, religiöse und kulturelle Existenz grundsätzlich abgewertet und abgelehnt wird. „In Ruhe über alles zu reden“ ist ein frommer Wunsch, der die Kluft zwischen diesen Fronten – westlicher Welt und fundamentalistischer Ideologie – nicht überbrücken wird. Wir wollen unsere Freiheit und Sicherheit verteidigen. Das ist unser Recht. Aber es sind gleichwohl die Regeln, die wir uns selbst auferlegen, die unsere Mittel hierzu letztlich gerechtfertigt erscheinen lassen. Gibt sich eine Nation selbst das Etikett des Rechts und der Moral, entscheiden die Taten über den Wert der Worte. Mehr noch: sie entscheiden über den Wert unserer Werte. Auch bei deren Verteidigung sollten wir uns dessen bewusst sein, damit wir weder unseren rechtlichen noch unseren moralischen Anspruch verlieren.

Dienstag, 26. April 2011

Eine europäische Farce...



von Tanja A. Wilken

Vorbei die Zeiten, in denen sich darüber Europa einig war, wie man sich der Flüchtlinge Nordafrikas erwehrt. 2005 freuten sich die europäischen Innenminister noch, dass man Libyen als EU-Vorposten gewinnen konnte. Für Waffen, allerhand technisches und militärisches Gerät und vor allem für viel viel Geld, erklärte sich der geläuterte und überhaupt nicht mehr böse Muammar al-Gaddafi bereit, Menschen auf der Flucht vor Verfolgung, bewaffneten Konflikten und Hunger abzufangen. Die EU-Kommission wurde nicht müde, den Kritikern (hauptsächlich ewig quer schießenden Menschenrechtsorganisationen) die hehren humanitären Motive dieser Partnerschaft näher zu bringen: die armen Menschen sollten schließlich vor dem Ertrinken bewahrt und vor halsabschneiderischen Menschenhändlern geschützt werden. „Europa zeigt Solidarität mit den Verzweifelten!“, so der Tenor. Oder anders formuliert: „Lieber ein paar Millionen in die Abwehr vor Ort investiert, als sich mit den Kosten für die Rückflüge vom europäischen Eiland herumplagen!“.

Gut sechs Jahre später ist al-Gaddafi zu sehr damit beschäftigt, mit gekauften Söldnern und Geschenken der EU die eigene Bevölkerung zu bombardieren. Keine Zeit mehr also, um Illegale abzufangen. Er ließ es sich aber nicht nehmen, die hämische Drohung gen Europas Führung zu senden, nun werde man mit Flüchtlingen überschwemmt. Ausgerechnet ein irrer Diktator stellt Notleidende als Terroristen dar. Und Europas Reaktion? Die Innenminister bezeichnen sich in den Plenarien gegenseitig als untätige Ignoranten oder überforderte Jammerlappen. „Die Flüchtlinge sind ein italienisches Problem!“ – „Nein, ein europäisches!“ – „Nein!“ – „Doch!“ Aufgeführt wird eine europäische Tragikomödie.

Seit Januar sind um die 26 000, überwiegend tunesische, Flüchtlinge auf Lampedusa eingetroffen. Sie bezahlen Schleppern eine Menge Geld, um zusammengepfercht auf unsicheren Nussschalen ins vermeintlich gelobte Land zu kommen. Sie verlassen ihre Heimat und ihre Familien, weil in ihrem Land nichts mehr geht. Die Wirtschaft ist komplett zusammengebrochen. Viele Gastarbeiter sind aufgrund des Bürgerkriegs aus Libyen zurückgekehrt. Es gibt keine Arbeit für alle. Vor allem junge Männer machen sich auf den Weg, um zumindest kurzfristig Beschäftigung in Europa zu finden. Sie kehren nicht ihrem Land den Rücken, um sich vor dem Wiederaufbau zu drücken (wie manche deutsche Politiker und Bestsellerautoren unterstellen), sondern weil sie ihrer Familie nicht auf der Tasche liegen wollen. Das entspricht kaum dem Bild des arbeitsunwilligen Schmarotzers, das nun von Berlin, Paris und Rom bis nach Brüssel gemalt wird. Man wird es nicht leid zu betonen, dass es sich um „illegale Wirtschaftsflüchtlinge“ und nicht um politisch Verfolgte handelt, die das Recht auf Asyl haben.

Das Problem liegt aber nicht in der Differenz zwischen „guten/legalen“ und „schlechten/illegalen“ Einwanderern, sondern in der europäischen Einwanderungspolitik per se. Sie ist, so wie die „Vorposten“ zur Grenzkontrolle in Libyen eine Methode des Ignorierens und Umschichtens des Problems. Erst versuchte man, die Flüchtenden am ausgestreckten Arm von sich fernzuhalten, jetzt beginnt das Lamentieren über Zuständigkeiten, die aber, „bitte schön, nicht unsere sind!“ Warum nicht? Mit Verordnungen wie Dublin II und der Drittstaatenregel haben Länder wie Deutschland und Frankreich die Verantwortung an die Randstaaten Europas abgewälzt. Praktischerweise haben Flüchtlinge kein Geld für Flugtickets und Italien und Spanien sind näher an den Ausgangsländern. Voila! Die Boat People stranden auf einer 4500 Einwohner starken Mittelmeerinsel. Die ganze Asyl- und Flüchtlingsmisere ist die praktische Anschauung der Redensart „Wer am längeren Hebel sitzt“: die Hauptlastenträger sind die kleineren, wirtschaftlich und außenpolitisch unbedeutenden Staaten, die sich zudem auch noch in größerer finanzieller Abhängigkeit zum Mutterschiff Europäische Union befinden.

Die Europa-Lösung „Abschottung“ ist, sollte sie das überhaupt je gewesen sein, kein Konzept mehr, das zukunftstauglich ist. Angesichts der demographischen Entwicklung, des steigenden Fachkräftemangels und der stetigen Abwanderung aus unserem Land, bräuchten wir dringend Instrumente für eine zielgerichtete und gesteuerte Einwanderungspolitik. Stattdessen kommen aus den heimischen politischen Lagern Geistesblitze, wie die Grenzen Bayerns verstärkt zu kontrollieren oder auch die deutsche Marine aufzustocken, um die Grenzen im Süden „zu schützen“. Was sollen die deutschen Soldaten tun? Mit Kanonen auf Ertrinkende schießen? All diese Debatten um Sicherheit, Aufnahmekapazitäten und Verantwortlichkeiten blenden das Wesentliche aus: da draußen überqueren Menschen das Meer, die selbständig für ihre Rechte, für Freiheit und Menschenwürde kämpften. Was ist nun unsere „europäische Solidarität“? Despoten Geld in den Rachen schmeißen oder wirtschaftliche Aufbauprogramme fördern? Mittel für Grenzposten aufstocken oder für menschenwürdige Unterbringungen sorgen?

Objektiv betrachtet ist die Einwanderungspolitik tatsächlich ein gesamteuropäisches Anliegen. Aber das Geschrei ist groß. Rings um uns haben die Rechtspopulisten einen Lauf. Mit dem Droh-Bild vom habgierigen Fremden lassen sich Wähler fangen. Und außerdem war das ja nicht unsere Revolution! Warum nicht die Grenzen dicht machen? Warum dieses ewige Gerede um Menschenrechte, wo sich doch eh jeder selbst der nächste ist? Schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe, indem wir weiter eine Handelspolitik betreiben, die uns fetter und reicher macht und bekämpfen wir so zugleich die steigende Überbevölkerung durch Ausbeutung und Aushungern! Und wenn die Menschen sich dann erdreisten, sich auf den Weg zu uns zu machen, rüsten wir unsere Truppen auf und überlassen dem bayrischen Innenministerium die Kontrolle unserer Grenzen. Ein traumhaft utopisches Europa!

Dienstag, 12. April 2011

Gemüter mit Worten füttern...



von Tanja A. Wilken





Dem Sarrazin-belesenen, von Assimilations- und Extinktionsängsten gebeutelten deutschen Bürgertum muss bei der Antrittsrede des neuen Innenministers Hans-Peter Friedrich das Herz aufgegangen sein: „…dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt“, so ließ er darin verlauten. Die Wählerschaft beruhigt, den Seehofer glücklich gemacht. Dumm nur, wenn ein solches Zitat als „Motto“ zur Eröffnung der Deutschen Islamkonferenz, dessen Gastgeber nun einmal der Innenminister ist, die Runde macht. Die Förderung eines Dialoges steht ja bekanntermaßen unter einem schlechten Stern, wenn zuallererst einmal die Abgrenzung zum Gesprächspartner betont wird. Schwierig, schwierig.

Es ist nun wirklich müßig bereits schon wieder die Frage zu erörtern, ob und wie stark der Islam Einfluss auf die deutsche oder auch europäische Kultur genommen hat. Historische Tatsache ist, dass die arabische, sprich muslimische, Welt sich einmal über weite Teile des heutigen Europas erstreckte. Und dies brachte einiges an Einflussnahme mit sich, was sich u.a. in der Medizin, der Mathematik und in den Geisteswissenschaften niederschlug. Was mich am Verweis auf die „christlichen Wurzeln“ unseres modernen Staates samt Moral- und Wertevorstellungen besonders stört, ist, dass der Sprung in die moderne Gesellschaft ja doch hauptsächlich der Aufklärung des 18.Jahrhunderts zu verdanken ist. Es war gerade die Säkularisierung, die Trennung von Kirche und Staat, die Förderung der Toleranz (auch in Religionsfragen), die Abkehr von Herkunfts- und Standesdünkel, welche langsam den Weg in unsere modernen Gesellschaften ebnete. Religiöse, philosophische, kulturelle und ethnische Fremdimpulse hatten immensen Einfluss auf diese Entwicklung. Natürlich spielten der christliche Glaube und das Kirchenrecht eine Rolle für unseren Rechts- und Wertekanon. Aber es gibt nicht den einen Faktor, der alles ins Rollen brachte.

2006 rief der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble die Deutsche Islamkonferenz ins Leben. Ein Dialog auf Augenhöhe – das war die Idee; die Schaffung eines engen Austausches zwischen dem Staat und Vertretern der muslimischen Gemeinschaften. Selbstverständlich war auch das Thema „Sicherheit“ ein gewichtiger Grund für Schäuble das Gespräch zu suchen. Die Anerkennung der Menschenrechte sowie der Werte- und Rechtsordnung der BRD sollte von allen in Deutschland lebenden Einzelpersonen und Gruppierungen respektiert und gelebt werden. Allerdings verstand er es recht gut seine Forderungen als Minister für Inneres und seine Vorstellung als Initiator der Islamkonferenz unter einen Hut zu bringen: „Muslime sind Teil unseres Lebens, gehören zu unserem Volk, gehören zu unserem Land, sie sind erwünscht, sie sind akzeptiert, aber sie halten sich auch an die Regeln. Das heißt, das ist ein Prozess der Gegenseitigkeit.“ Es schien angebracht, die Muslime gesondert an einen runden Tisch zu bringen. Ihre Integration schien zunehmend ins Stocken zu geraten. Und die Ressentiments gegen den islamischen Glauben waren spürbar gewachsen.

Es gab eine Zeit, in der das „Islam-Problem“ längst nicht so präsent war wie heute. Mit dem Anschlag vom 11. September 2001 und George W. Bushs „Kampf gegen den Terror“ (wofür er ebenfalls gern das Schlagwort „christlich“ bemühte) begann eine zunehmend verengte Wahrnehmung auf die Muslime. Hinzu kam, dass die Deutschen langsam einsehen mussten, dass die irrige Vergewisserung Kohls, Deutschland sei kein Einwanderungsland, nichts anderes als das war: irrig. Mit der mittlerweile dritten Generation der Gastarbeiter vor Augen können wir feststellen, dass die ehemaligen Arbeitskräfte, nachdem sie malochten, unser Bruttosozialprodukt anhoben und Abgaben zahlten die Frechheit besaßen zu bleiben – und zu leben! Sie heirateten, zogen ihre Kinder auf und betrachteten dieses Land als ihre Heimat. Das Fremdsein aber blieb. Und wir bekamen ein gewichtiges Problem hinzu: die Ghettoisierung. Die Bildung von Parallelgesellschaften, in denen man lieber unter sich bleibt als am gesamtkulturellen, auch politischen Leben teilzunehmen. Dazu der Generalverdacht des Islamismus und die „Deutschland schafft sich ab – und die Türken sind schuld“- Hysterie. Inwieweit tragen wir aber alle gemeinsam – Deutsche wie Migranten – Verantwortung für diese Entwicklungen? Wäre die Klärung der Ursachen und die Suche nach Lösungen nicht wichtiger als das Beharren auf Unterschieden und Abgrenzung und das Schüren von Feindbildern und Ängsten?

Studien belegen mittlerweile, dass das Ansehen von Muslimen in Deutschland wesentlicher schlechter ist als in europäischen Nachbarländern. Interessanterweise liegt dies ausgerechnet daran, dass wir zu wenig Kontakt mit dem Islam haben. Wir wissen zu wenig voneinander, um Vorurteile abbauen zu können. Um dies in die Wege zu leiten, wäre ein offener und öffentlicher Diskurs vonnöten. Das Problem ist nur, dass inzwischen jeder Versuch in Polemik und gegenseitige Verdächtigungen („Integrationsverweigerer“ – „Fremdenhasser“) zu münden scheint. Dieses leidige und scheinheilige „Man wird doch noch mal sagen dürfen…“ steht dabei mittlerweile auf einer Stufe mit der Floskel, „Ich hab nichts gegen Ausländer…“. In 9 von 10 Fällen macht das folgende „aber“ die Einleitung dann aber obsolet. Konflikte müssen benannt werden, ja. Und weder Hardliner noch Verfechter der Political Correctness, noch naive Idealisten bringen uns dabei weiter.

Indem Friedrichs den Daseinszweck der Islamkonferenz auf die Sicherheitspartnerschaft reduzierte, spielte er die „Angst-Karte“ aus und will sich als Verfechter einer „Law-and-Order“-Politik profilieren. Mit seinen Äußerungen macht sich Friedrich verdächtig am Dialog kein Interesse zu haben und auch auf die Mitwirkung der Muslime, ihren Teil zum „größeren Ganzen“ beizutragen, verzichten zu können. Wenn er sich da mal nicht irrt…