Mittwoch, 15. Dezember 2010

Auf immer und ewig

Die Tage erreichte Familie Mohammad aus Syrien ein erster Brief vom Verwaltungsgericht Stuttgart. Es geht um ihr Asylverfahren. Der Anwalt der kurdischen Familie sagt, es sein ein gutes Zeichen, was da geschrieben steht. Wenn nichts dazwischen kommt, erhält der Vater den ersehnten Pass, eventuell im ersten Schritt zeitlich befristet auf drei Jahre und dann, so sein Sohn: "Auf immer und ewig." .
Der ersehnte Brief aus Stuttgart ist noch nicht eingetroffen. Vater Alwan schläft weiter schlecht in der Nacht.

Montag, 6. Dezember 2010

Warten auf den Pass

Drei Jahre wartet die kurdische Familie Mohammad aus Syrien auf einen deutschen Pass. Drei Jahre Unsicherheit und "Nächte ohne Schlaf", sagt der Vater Alwan vor dem Gerichtsstermin am Freitag. Seine Aktentasche ist an diesem Tag schwer von den Dokumenten und einer Flasche Mineralswasser gegen die Aufregung. "Der Termin", sagt ein mitgereister Freund im Zug, "entscheidet über sein Leben" – als Asylbewerber und als Bürger Deutschlands,

Für seine Söhne bestimmt der Pass, ob sie endlich in einem Fußballverein mit trainieren dürfen. Als Asylbeweber wurden sie bereits von einem Club abgelehnt. Die Jüngsten bewundern Lionell Messi von Barcelona, der Älteste den Brasilianer Kaka von Real Madrid. In einer kleinen Sporttasche liegen die Trikots ihrer Fußballhelden. Die Jungs warten. Die Familie wartet.

Das Ergebnis der Verhandlung wird in zwei bis drei Wochen per Post zugestellt. Vielleicht sind sie dann Messi und Kaka noch ein Stückchen näher gekommen.

Donnerstag, 18. November 2010

Platz 7 beim Integrationspreis 2010

Heute lag er im Postfach, der Brief der Abteilungspräsidentin der Deutschen Islam Konferenz zum Integrationspreis 2010: "...über Ihr Engagement habe ich mich sehr gefreut. 180 Bewerbungen sind bei uns eingegangen...", schreibt Regina Jordan. Nur sechs haben gewinnen können.

migmag kam auf Rang sieben. Statt eines Preises gab es eine silberne Mitmach-Nadel. Ist ja auch was. Gewonnen hat das Projekt "Kinder- und Jugendfußball für Bad Godesberg".  Jungen und Mädchen aus muslimischen Migrantenfamilien werden gefördert und zu Fußballtrainern ausgebildet. Kompliment!

Wir freuen uns über Rang 7.


Freundschaft und Migration

„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt!“ Da mögen sie recht haben, die Comedian Harmonists, die das zeitlos trällern; es trifft die Freundschaften aus Kindertagen, aus der Jugendzeit, die späten und die ganz späten, und für Freundinnen gilt es bestimmt auch – und überhaupt: Echte Freundschaft kann nicht enttäuscht werden (im Gegensatz zur Liebe, wie einer einmal weise sagte).
Damit sind wir bei einigen interessanten Fragen zum Thema „Freundschaft“: Was ist ein guter Freund/eine gute Freundin? Was bedeutet uns Freundschaft? Ist Freundschaft wie Liebe? Wie viel Freundschaft braucht man? Was kann Freundschaften belasten? Ist es wichtig, einen besten Freund/eine beste Freundin zu haben? Unterscheiden sich Frauenfreundschaften und Männerfreundschaft. Können Frauen und Männer Freunde sein? 
Antworten auf diese Fragen und alles, was Ihnen zum Thema Freundschaft wichtig ist, interessiert uns.
Esther Floruß

Die migmag-Redaktion freut sich auf Ihre Beiträge.

Dienstag, 16. November 2010

Arbeit und Migration

In diesen Wochen des wirtschaftlichen Aufschwungs gibt es ein großes Thema: Fachkräftemangel!
Die ZEIT befasst sich mit dem Thema ausführlich: "Deutschlands Fachkräftemangel ist selbst verschuldet".
Die Kammern klagen, so die Wochenzeitung, weil qualifizierte Einwanderer fern bleiben, Weiter: Türken fühlten sich laut einer Studie hierzulande unerwünscht, Polen unterbewertet. Mehr zum Auftakt einer neuen ZEIT-Serie über Einwanderung:



http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2010-10/facharbeitermangel-einwanderung

Ein anderes Thema im Bereich Wirtschaft, ist die Frage nach der Existenzgründung von Zuwanderern. Wie sieht es da im Kleinen aus? In migmag spricht Markus Schmid, Leiter Existenzgründung der IHK Ostwürttemberg, über Versuche, Migranten zu sich ins Haus zu holen, ihnen öffentliche Fördermöglichkeiten darzustellen, also mehr als fremdsprachige Broschüren zu bieten. Finanzielle Unterstützung für gute Konzepte gebe es ausreichend. Aber oftmals sei bei Einwanderern die eigene Familie das bessere Kreditinstitut. 



http://www.mig-mag.com/existenzgruendung-migranten-immigranten.html

Spannend auch die Analyse der bundesweiten Gründerinnenagentur, kurz bga, zu "Unternehmerische Selbständigkeit von Frauen mit Migrationshintergrund". Noch sei ihre wirtschaftliche Bedeutung gering. Aber ihre unternehmerischen Tätigkeiten wachsen und würden die Aktivitäten "einheimischer" Gründer weit übertreffen.

Sonntag, 7. November 2010

Ein Termin im Dezember

In diesen Tagen besuchte ich Familie M. aus Syrien. Sie sind Kurden und bitten in Deutschland um Asyl. Auf Anfang Dezember ist ihr Gerichtstermin in Stuttgart festgesetzt. Ein Anwalt aus Ulm begleitet Herrn M. Drei Jahre wartet die Familie auf eine Entscheidung. Herr M. ist sehr angespannt. Er holt seine Aktentasche, zieht Presseartikel und Berichte aus dem Stapel. Sein ältester Sohn übersetzt die Papiere. Er ist bei Arztterminen und auf Behörden dabei. Der Junge muss viel in seinem Alter stemmen, immer Lösungen finden. Neulich ist er mit seinem Vater in ein Internetcafe gegangen, um Herrn M.s kurdische Texte über Google ins  Deutsche zu übersetzen. Das Ergebnis ist ein Schlagwortgemetzel. 

Herr M. möchte seinen Bericht im Dezember vor Gericht vorlesen, erklären weshalb er nicht mehr in seine Heimat zurück kann. Er komme ins Gefängnis sagt seine schmale Frau. Ihr Lächeln ist verschwunden. Sie möchte in der Wohnung keine Traurigkeit aufkommen lassen. Sie holt ihre jüngsten Söhne und zeigt auf ihre Haare. Geschnitten. Schwarze Pilzköpfe. Sie hat Freude. Der Zweitjüngste zupft am Pony. Schräg geschnitten. Früher gab es Tränen. Ihr Mann packt seine Unterlagen zusammen. Heute gibt es für ihn wichtigeres.

Mittwoch, 3. November 2010

Eine SZ-Reportage über einen Integrationskurs in Hamburg

Ein Ausschnitt aus der Süddeutschen Zeitung vom Dienstag, 2. November 2010, die Seite 3 von Stefan Klein:  

Fordern mit "ö"

"Kein Politiker, der nicht das Sprüchlein aufsagen könnte, die Beherrschung der deutschen Sprache sei der Schlüssel für erfolgreiche Integration, auch am Mittwoch beim Integrationsgipfel im Kanzleramt wird man es wieder hören. Nur sollte es dann auch ein entsprechendes Angebot geben für alle, die sich einlassen wollen auf 600 Schulstunden Deutsch und 45 Stunden Politik und Geschichte. Daraus besteht er nämlich, der Standardkurs, der nach gut sechs Monaten mit zwei Prüfungen endet. Wer sie besteht, gilt als fit für den deutschen Alltag und dürfte sich leichter tun als vorher.

Über 600 000 Migranten haben einen solchen Kurs bisher absolviert, mehr als die Hälfte freiwillig, und was das Beste ist: Jedes Jahr steigt die Zahl derer, die die Prüfung erfolgreich bestehen."

Mehr? Unbedingt in der SZ Lesen!

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Geschafft: Imbiss feiert 1. Geburtstag!

Zwei reife Männer im sportlichen Dress unterhalten sich an diesem kühlen Oktoberabend.
"Und was haben Sie damals gedacht, als sie zu Ihnen kamen?"
"Wieder so eine Idee..."

Ein gutes Jahr ist diese Idee von einem Imbisswagen nun alt. Sie ist gereift und alle, die gestern zum ersten Geburtstag kamen, sind heute froh, dass sie Eduard Marker gewähren ließen, als er vorschlug, mit seinem Kampfsportverein den Imbiss zu betreuen und sich nebenbei mit seinem multirussischen Team nachts um Jugendliche zu kümmern. Und dies am Wochenende und an einem Ort, der gerne als Brennpunkt rivalisierender Jugendlicher beschrieben worden ist. Mit unglaublicher Energie haben sie es vom Imbiss geschafft, sich Respekt und Vertrauen der Jugendlichen zu erwerben und heute als gelungenes Beispiel für Integration in der Kleinstadt zu gelten. 

Zur Feier gab es dann vor dem kribbelbunt geschmückten Imbisswagen kurze Reden, sportliche und musikalische Vorstellungen, einen großformatigen Scheck sowie einen Birnenkuchen mit einzelner Kerze. Happy Birthday, Imbiss!

Als ein glücklicher und erschöpfter Eduard Marker, dann die Gäste zum kostenfreien Verzehr einlädt, murmelt ein Zuschauer:
"Ich hätte nicht gedacht, dass sie es schaffen."

Sonntag, 24. Oktober 2010

Migrantinnen aus Russland zeigen Deutschland

Neulich traf ich eine kleine Gruppe Frauen aus der ehemaligen Sowjetunion. Migrantinnen unter sich. Alle Frauen stehen in der Mitte ihres Lebens und sind dabei Deutsch zu lernen. Eine Russin unterrichtet Russinnen. Die Frauen trauen sich Fragen zur Grammatik zu stellen und Deutsche lernen, Deutschland neu anzusehen.

"Deutschland hat den Kommunismus"
"Bitte?"
"Ja, hier bekommt jeder Geld zum Leben."
Ein Lachen.
"Und sie sind ständig am Kaufen – und sind trotzdem nicht zufrieden."

"Und die Straßen hier..." Die junge Lehrerin gluckst. "Die Straßen sind so eng, da kommt man schwer um die Kurven."
Russen lieben ihre breiten Straßen, die sie Prospekte nennen.
Breite und Größe gibt es im größten Land der Erde im Überfluss.
"Ich verstehe jetzt", sagt die Lehrerin, "weshalb die Menschen immer in den Wald flüchten. Sie müssen sich erholen: In Deutschland ist alles so eng." Ihre Hände pressen die Seminarluft zu einer Wurst.
"Und alle sind ständig im Stress"
Die Runde nickt.
"Deshalb wollen viele Deutsche immer ihre Ruhe haben."

Es ist einfach eng hier.

Freitag, 22. Oktober 2010

Erste Reaktionen einiger Migranten zu migmag

Eine Woche ist nun migmag online. Eine verdammt lange Zeit schon, vor allen Dingen, wenn man die Reaktionen betrachtet. Die sind richtig gut. Es sei Zeit, dass wir Migranten endlich eine Plattform gegeben haben, die uns vorstellt, uns ein Gesicht gibt – unabhängig, welchem Glauben oder Herkunft die Menschen besitzen. 

Positiv bewertet wurde auch, dass wir sehr sauber arbeiten – eigentlich eine Selbsverständlichkeit im Journalismus. Wir veröffentlichen nur, wenn die Portraitierten ihr Geschichte über ihre Migration gelesen haben, ohne uns dabei anzubiedern. Wir wissen um das Vertrauen, das uns geschenkt wird. Die Fakten müssen stimmen, der Ton ist die Freiheit des Verfassers. Neulich sagte ein Mann aus Arabien, es ist schön zu lesen, was andere Menschen erlebt haben, welchen Weg sie gegangen sind. Er fühle sich als Migrant nicht mehr so allein beim Ankommen im neuen Land.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

migmag – das neue online-Magazin für Migranten ist endlich online!

Es ist geschafft: migmag, das unabhängige Online-Magazin steht im Internet. Endlich! Damit ist aus einer einfachen Idee ein tolles Projekt geworden. Weshalb? Weil es ein hoch aktuelles Thema aufgreift: Migration in Deutschland.

Mit unserem Online-Magazin möchten wir Barrieren zwischen Menschen aus verschiedenen Nationen abbauen und Migranten in Geschichten und Interviews ein Gesicht geben. Neben spannenden Lebensgeschichten stellen wir Integrationsprojekte vor und zeigen in welch unterschiedlichen Formen sich Zuwanderer im Großen und Kleinen engagieren – diese leben heute weitgehend im Umkreis der Kleinstadt Heidenheim in Baden-Württemberg. An diesem Ort haben die meisten von uns ihre Jugendzeit verbracht und hier möchten wir beginnen, da Veränderung immer im Kleinen beginnt. Wir hoffen mit unserem online-Magazin migmag Interesse für Fremdes zu wecken, Menschen füreinander zu öffnen und Brücken zwischen Kulturen, Organi-sationen und Migranten zu bauen.

Unseren Antrieb beschreibt dieser eine Satz: Wir wollen die Dinge erleichtern, nicht erschweren.
In diesem Sinn lasst uns staunen und offen sein für Neues.