Wieder einmal ist es soweit: in Ostafrika ist eine große Hungersnot in vollem Gange. Hunderttausende Somalier fliehen über die Grenze nach Kenia. Aber auch in Äthiopien und Kenia selbst blieb der Regen aus und die anhaltende Dürre vernichtete die Ernte und ließ das Vieh verdursten. Das UN- Welternährungsprogramm WFP sowie die unzähligen anderen internationalen Hilfsorganisationen bitten die internationale Gemeinschaft um finanziellen Beistand in Milliardenhöhe. Das größte Flüchtlingslager der Welt, Dadaab, einst angelegt für 90.000 Menschen, platzt aus allen Nähten. Hilfslieferungen werden behindert, Mitglieder von Organisationen bedroht. Kamerateams filmen große Flieger, LKWs, Camps und fruchtlose Steppe. Die bekannten Bilder von schiefen Hütten, von leeren Töpfen, von Kindern auf dünnen Beinchen mit aufgeblähten Bäuchen flimmern allabendlich über den Fernsehbildschirm. Die Welt ist wieder dabei beim „Elend Afrika“.
Vergessen sollte man aber nicht, dass diese Hungersnot nicht übles Schicksal ist oder ein drohender Fingerzeig Gottes. Naturkatastrophen sind schrecklich, ohne Frage. Aber gerade die Dürre in Afrika ist kein aus dem Nichts hereingebrochenes Unglück. Diese Katastrophe hatte eine lange Vorwarnzeit. Sie kam mit Ankündigung. Und darauf kann man sich vorbereiten. Man muss also sagen, dass die Hilfe verschleppt wurde. Und zwar nicht nur die Soforthilfe. Die Politik wartete lieber ab, als die ersten Warnungen ausgegeben wurden. Der Beitrag der großen Staaten kam erst – und auch dann eher zögerlich -, als die Maschinerie des Mitleids in Form von Spendenaufrufen anlief und der Otto Normalbürger tief in seine Taschen griff.
Die Weltgemeinschaft wird zunehmend knausriger, was wohl auch wie der Soziologe Jean Ziegler bereits betonte, daran liegen mag, dass man in den letzten Jahren die heimischen Bankhäuser und die lokale Wirtschaft wieder auf die Beine bringen musste. Derzeit haben die Wohlbetuchten ihre eigenen Päckchen zu tragen: So müssen beispielsweise die Amerikaner erkennen, dass sie finanziell doch nicht mehr so gut da stehen und bekriegen sich im Kongress gerade gegenseitig und die EU muss ihre bankrotten Südländer auf Kurs bringen. Geld für Brot für die Welt? „Jetzt grad nicht, danke.“
So bleibt es vor allem an der „Mitleids-Industrie“ (unter diesem Begriff summierte die niederländische Journalistin Linda Polman die global agierenden Hilfsorganisationen) finanzielle Soforthilfe zu beschaffen. Damit werden aber die Probleme nicht kleiner. Im Gegenteil: seit Jahren stehen die Geldspenden wie auch die zum Teil wenig durchdachten Projekte in der Kritik, Afrika nicht zu helfen, sondern klein zu halten. Nicht die viel geforderte Hilfe zur Selbsthilfe wird angestrebt, sondern der Korruption Tür und Tor offen gehalten. Milizen, schwache Regierungen, Clans bereichern sich an dem, was den Ärmsten des Landes zu gute kommen soll. Im Kampf um die Spendengelder operieren die Entwicklungshilfeorganisationen gern gegeneinander statt miteinander. So zwingend und dringend Soforthilfe sein mag, das Heilmittel für Afrika ist sie nicht.
Einen wesentlicheren Beitrag kann nur die Politik liefern, um die Verhältnisse zu verbessern und auch um sich auf Notsituationen wie die derzeitige besser vorzubereiten. Es ist dringend angeraten, die wirtschaftlichen Beziehungen zu ändern, unser Bild von Afrika zu ändern. Wir vergessen gern: Nicht in ganz Afrika herrschen Mangel und Hunger. Nicht in allen afrikanischen Staaten sind korrupte Beamte, semidiktatorische Regierungen und einfallende Islamisten am Werk. Somalia, welches seit Ende der 80er Jahre im Bürgerkrieg zerrieben wird, ist nicht das Aushängeschild Afrikas. Ein Gegenbeispiel dafür, dass aus einer Militärdiktatur auch eine Demokratie werden kann, ist u.a. Ghana. So wie in vielen Teilen Afrikas Armut, Kriege, Hunger und Aids das Leben der Menschen bedroht, so gibt es auch funktionierende Kleinwirtschaft, Infrastruktur, Mobiltelefone und Internet. Nicht alle Afrikaner sind Stammesmitglieder, verhungernde Gestalten und Medizinmänner. Dem Europäer mag es vielleicht nicht in den Sinn kommen, aber er blickt immer noch wie ein Kolonialherr auf Afrika hinunter. Auf die armen, ungebildeten Schwarzen, die sich nicht selbst helfen können. Nun, ganz falsch ist das vielleicht nicht: Man kann sich nicht selbst helfen, wenn man nicht ernst genommen und stattdessen in seiner Hilfslosigkeit belassen wird. So wird Entwicklungsarbeit zu einer Farce statt zu einer echten Hilfe.
Es wäre an der Politik, endlich wahre Diplomatie walten zu lassen und die Grundlagen der wirtschaftlichen Beziehungen zu überdenken. Es braucht neue Konzepte für den Aufbau einer zukünftig gleichberechtigten Partnerschaft. Wirtschaftlich und politisch ist Afrika (noch) nicht auf einer Stufe mit seinen Geschäftspartnern. In ungleichen Beziehungen muss einer Seite übergangsweise mehr eingeräumt werden – allerdings, um den Mangel kompensieren zu können und nicht, um den ohnehin Stärkeren noch weiter zu bevorteilen. Der Geldgeber hat seine eigenen Interessen, natürlich. Aber was ist mit den Interessen der Afrikaner? Warum verweigert man ihnen die Möglichkeit, Handel zu treiben, Geld zu verdienen und sich selbstverantwortlich aus der Abhängigkeit zu befreien? Warum lässt man zu, dass dieselben Spekulanten, die schon den Immobilien- und Finanzmarkt an den Abgrund drängten, auch die Agrarpreise in die Höhe trieben, so dass sich die Bauern die eigenen Produkte nicht mehr leisten können, um sich für Notlagen wie diese einzudecken?
Viele von uns stöhnen über die Spendenaufrufe, misstrauen der milliardenschweren Industrie dahinter, äußern den Verdacht, dass das Geld sowieso nicht ankommt und betrachten Afrika als hoffnungslosen Fall. Es gebe aber konkrete Wege dies zu ändern. Durch den Aufbau tatsächlich fairer Handelsbeziehungen hätten beide Seiten gewonnen – auch wenn die reichen Geberländer erst einmal Verluste hinnehmen müssten: die Märkte müssten für afrikanische Produkte geöffnet werden. Den Afrikaner müsste Selbstbestimmung über die Produktion von Endprodukten gewährt werden, statt sie weiter als Rohstoff- und Arbeitskräftelieferanten und Abnehmer für chinesische Billigwaren zu missbrauchen. Europäer müssten ihre unsäglich ungerechte Agrarsubventionierung aufgeben. Die Afrikaner müssten eigenverantwortlich Projekte für die Entwicklung antreiben. Die Gelder dafür zu kontrollieren ist gerechtfertigt, überbordende Bürokratie, die mehr behindert als vorantreibt aber nicht. An Verhandlungstischen sollte man beim Einsatz von Entwicklungsgütern und –geldern vermehrt auf die aufstrebenden, gut ausgebildeten, intelligenten jungen Afrikaner hören, die ihr Land und ihre Leute besser kennen. Jedes Volk hat seine Wurzeln, seine Traditionen und Werte: eine geistige Heimat. Es gibt nicht nur die europäische, amerikanische, asiatische Sicht auf die Welt. Das hat durchaus seinen Reiz und auch seine Vorteile. Partnerschaftlich kann man aber nur miteinander verhandeln, wenn man die Unterschiede seines Gegenübers wahrnimmt und zwar nicht gönnerhaft oder belächelnd, im Wissen, dass man es selber doch besser weiß.
Afrika nicht mehr als Selbstbedienungsladen zu verstehen, dürfte ein Projekt für die nächsten Jahrzehnte werden – wenn es denn irgendwann einmal angeschoben werden sollte. Und selbst dann müssten alle Bemühungen bei einem Krisenherd wie Somalia im Sande verlaufen bis endlich Frieden herrscht. Der Westen hätte diesen Zustand durch rigorose Rüstungsgesetze und Waffenkontrollen zumindest entgegen kommen können. Noch eine weitere Katastrophe in Afrika mit Ankündigung.
Vergessen sollte man aber nicht, dass diese Hungersnot nicht übles Schicksal ist oder ein drohender Fingerzeig Gottes. Naturkatastrophen sind schrecklich, ohne Frage. Aber gerade die Dürre in Afrika ist kein aus dem Nichts hereingebrochenes Unglück. Diese Katastrophe hatte eine lange Vorwarnzeit. Sie kam mit Ankündigung. Und darauf kann man sich vorbereiten. Man muss also sagen, dass die Hilfe verschleppt wurde. Und zwar nicht nur die Soforthilfe. Die Politik wartete lieber ab, als die ersten Warnungen ausgegeben wurden. Der Beitrag der großen Staaten kam erst – und auch dann eher zögerlich -, als die Maschinerie des Mitleids in Form von Spendenaufrufen anlief und der Otto Normalbürger tief in seine Taschen griff.
Die Weltgemeinschaft wird zunehmend knausriger, was wohl auch wie der Soziologe Jean Ziegler bereits betonte, daran liegen mag, dass man in den letzten Jahren die heimischen Bankhäuser und die lokale Wirtschaft wieder auf die Beine bringen musste. Derzeit haben die Wohlbetuchten ihre eigenen Päckchen zu tragen: So müssen beispielsweise die Amerikaner erkennen, dass sie finanziell doch nicht mehr so gut da stehen und bekriegen sich im Kongress gerade gegenseitig und die EU muss ihre bankrotten Südländer auf Kurs bringen. Geld für Brot für die Welt? „Jetzt grad nicht, danke.“
So bleibt es vor allem an der „Mitleids-Industrie“ (unter diesem Begriff summierte die niederländische Journalistin Linda Polman die global agierenden Hilfsorganisationen) finanzielle Soforthilfe zu beschaffen. Damit werden aber die Probleme nicht kleiner. Im Gegenteil: seit Jahren stehen die Geldspenden wie auch die zum Teil wenig durchdachten Projekte in der Kritik, Afrika nicht zu helfen, sondern klein zu halten. Nicht die viel geforderte Hilfe zur Selbsthilfe wird angestrebt, sondern der Korruption Tür und Tor offen gehalten. Milizen, schwache Regierungen, Clans bereichern sich an dem, was den Ärmsten des Landes zu gute kommen soll. Im Kampf um die Spendengelder operieren die Entwicklungshilfeorganisationen gern gegeneinander statt miteinander. So zwingend und dringend Soforthilfe sein mag, das Heilmittel für Afrika ist sie nicht.
Einen wesentlicheren Beitrag kann nur die Politik liefern, um die Verhältnisse zu verbessern und auch um sich auf Notsituationen wie die derzeitige besser vorzubereiten. Es ist dringend angeraten, die wirtschaftlichen Beziehungen zu ändern, unser Bild von Afrika zu ändern. Wir vergessen gern: Nicht in ganz Afrika herrschen Mangel und Hunger. Nicht in allen afrikanischen Staaten sind korrupte Beamte, semidiktatorische Regierungen und einfallende Islamisten am Werk. Somalia, welches seit Ende der 80er Jahre im Bürgerkrieg zerrieben wird, ist nicht das Aushängeschild Afrikas. Ein Gegenbeispiel dafür, dass aus einer Militärdiktatur auch eine Demokratie werden kann, ist u.a. Ghana. So wie in vielen Teilen Afrikas Armut, Kriege, Hunger und Aids das Leben der Menschen bedroht, so gibt es auch funktionierende Kleinwirtschaft, Infrastruktur, Mobiltelefone und Internet. Nicht alle Afrikaner sind Stammesmitglieder, verhungernde Gestalten und Medizinmänner. Dem Europäer mag es vielleicht nicht in den Sinn kommen, aber er blickt immer noch wie ein Kolonialherr auf Afrika hinunter. Auf die armen, ungebildeten Schwarzen, die sich nicht selbst helfen können. Nun, ganz falsch ist das vielleicht nicht: Man kann sich nicht selbst helfen, wenn man nicht ernst genommen und stattdessen in seiner Hilfslosigkeit belassen wird. So wird Entwicklungsarbeit zu einer Farce statt zu einer echten Hilfe.
Es wäre an der Politik, endlich wahre Diplomatie walten zu lassen und die Grundlagen der wirtschaftlichen Beziehungen zu überdenken. Es braucht neue Konzepte für den Aufbau einer zukünftig gleichberechtigten Partnerschaft. Wirtschaftlich und politisch ist Afrika (noch) nicht auf einer Stufe mit seinen Geschäftspartnern. In ungleichen Beziehungen muss einer Seite übergangsweise mehr eingeräumt werden – allerdings, um den Mangel kompensieren zu können und nicht, um den ohnehin Stärkeren noch weiter zu bevorteilen. Der Geldgeber hat seine eigenen Interessen, natürlich. Aber was ist mit den Interessen der Afrikaner? Warum verweigert man ihnen die Möglichkeit, Handel zu treiben, Geld zu verdienen und sich selbstverantwortlich aus der Abhängigkeit zu befreien? Warum lässt man zu, dass dieselben Spekulanten, die schon den Immobilien- und Finanzmarkt an den Abgrund drängten, auch die Agrarpreise in die Höhe trieben, so dass sich die Bauern die eigenen Produkte nicht mehr leisten können, um sich für Notlagen wie diese einzudecken?
Viele von uns stöhnen über die Spendenaufrufe, misstrauen der milliardenschweren Industrie dahinter, äußern den Verdacht, dass das Geld sowieso nicht ankommt und betrachten Afrika als hoffnungslosen Fall. Es gebe aber konkrete Wege dies zu ändern. Durch den Aufbau tatsächlich fairer Handelsbeziehungen hätten beide Seiten gewonnen – auch wenn die reichen Geberländer erst einmal Verluste hinnehmen müssten: die Märkte müssten für afrikanische Produkte geöffnet werden. Den Afrikaner müsste Selbstbestimmung über die Produktion von Endprodukten gewährt werden, statt sie weiter als Rohstoff- und Arbeitskräftelieferanten und Abnehmer für chinesische Billigwaren zu missbrauchen. Europäer müssten ihre unsäglich ungerechte Agrarsubventionierung aufgeben. Die Afrikaner müssten eigenverantwortlich Projekte für die Entwicklung antreiben. Die Gelder dafür zu kontrollieren ist gerechtfertigt, überbordende Bürokratie, die mehr behindert als vorantreibt aber nicht. An Verhandlungstischen sollte man beim Einsatz von Entwicklungsgütern und –geldern vermehrt auf die aufstrebenden, gut ausgebildeten, intelligenten jungen Afrikaner hören, die ihr Land und ihre Leute besser kennen. Jedes Volk hat seine Wurzeln, seine Traditionen und Werte: eine geistige Heimat. Es gibt nicht nur die europäische, amerikanische, asiatische Sicht auf die Welt. Das hat durchaus seinen Reiz und auch seine Vorteile. Partnerschaftlich kann man aber nur miteinander verhandeln, wenn man die Unterschiede seines Gegenübers wahrnimmt und zwar nicht gönnerhaft oder belächelnd, im Wissen, dass man es selber doch besser weiß.
Afrika nicht mehr als Selbstbedienungsladen zu verstehen, dürfte ein Projekt für die nächsten Jahrzehnte werden – wenn es denn irgendwann einmal angeschoben werden sollte. Und selbst dann müssten alle Bemühungen bei einem Krisenherd wie Somalia im Sande verlaufen bis endlich Frieden herrscht. Der Westen hätte diesen Zustand durch rigorose Rüstungsgesetze und Waffenkontrollen zumindest entgegen kommen können. Noch eine weitere Katastrophe in Afrika mit Ankündigung.
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